Dienstag, 21. Januar 2014

Zur Vertiefung!! #Hartz-IV: #ausgrenzende #Aktivierung oder Lehrstück über d. #Antastbarkeit #der #Würde #d. #Menschen

 
 
 

 

Hartz IV: ausgrenzende Aktivierung

oder Lehrstück über

die Antastbarkeit der Würde des Menschen

 
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Überarbeitetes und mit Anmerkungen und Literaturverweisen versehenes Manuskript zum Thema "Erfahrungen aus der lokalen Umsetzung des SGB II - Strukturen, Leistungsprozess, Handlungsbedarfe"

"Allein der Mensch als Person betrachtet, d. i. als Subjekt einer moralisch-praktischen Vernunft, ist über allen Preis erhaben; denn als ein solcher (homo noumenon) ist er nicht bloß als Mittel zu anderer ihren, ja selbst seinen eigenen Zwecken, sondern als Zweck an sich selbst zu schätzen, d. i. er besitzt eine Würde (einen absoluten inneren Wert), wodurch er allen andern vernünftigen Weltwesen Achtung für ihn abnötigt, sich mit jedem anderen dieser Art messen und auf dem Fuß der Gleichheit schätzen kann."
(Immanuel Kant)

"Wer in Wort oder Schrift oder tätlich oder sonstwie die moralische Gleichheit der Menschen (Bürger und Nicht-Bürger) angreift, also den Versuch unternimmt, eine [Â…] Gruppe von Personen, sei es kollektiv, sei es individuell [Â…] vom Genuß der dem Staatsbürger zustehenden Rechte (u. a. insbesondere von dem einer legalen Pursuit of happiness) auszuschließen [Â…], der macht sich - gleichgültig ob ein derartiger Versuch glückt oder nicht - des ›Verbrechens gegen die Menschenwürde‹ Schuldig und soll mit Kerker [Â…] bestraft werden."
(Hermann Broch)

I

(1) Folgt man der Entstehungsgeschichte des modernen demokratischen Rechtsstaats, so stößt man auf den von der Erfahrung des nationalsozialistischen Terrorregimes beförderten und geprägten Grundgedanken, daß die staatliche Ordnung durch einen politischen Werteund Verhaltenskodex zu spezifizieren und abzusichern sei. Dies läßt sich in besonderer Weise ablesen an der "Grundgesetz" genannten ›Verfassung‹ (2) der Bundesrepublik Deutschland, die ja bekanntlich als Schutzvorkehrung gegen einen Rückfall in die Barbarei der Herrschaft eines autoritären oder totalitären Staats entworfen worden ist und eben deswegen staatliches Handeln nicht nur im Sinne formaler Rechtsstaatlichkeit an Gesetz und Recht bindet (Art. 20 III GG), sondern dieses auch zur Achtung und zum Schutz der als objektive Werteordnung verstandenen Grundrechte verpflichtet (Art. 1 III GG), wie sie im Grundrechtsteil des Grundgesetzes (Art. 1-19 GG) niedergelegt ist. Dort heißt es in der verfassungsrechtlichen Fundamentalnorm von Art. 1 I GG zum Schutz der Menschenwürde ebenso kurz wie gehaltvoll, und zwar ganz in der Tradition der Allgemeinen Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen von 1948, in deren Präambel deutlich hingewiesen wird auf die barbarischen Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges, die diese Verkündung der Menschenrechte als ein von allen Völkern und Nationen zu erreichendes gemeinsames Ideal motiviert hatten: "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen, ist die Verpflichtung aller staatlichen Gewalt."

Wer sehen will, der sieht, daß die gegenwärtig sich vollziehende Metamorphose der Gesellschaft sich als ein rücksichtsloser Bruch mit der eigenen Geschichte entpuppt, bei der an die Stelle eines contrat social, der Individuen und Gesellschaft miteinander verbindet, zunehmend ein Partikularismus tritt, der sich allein an wirtschaftlichem Erfolg orientiert und dem die Durchsetzung ökonomischer Interessen auch mit den Mitteln außerökonomischer Zwangsgewalt als legitim erscheint. Daß von diesem Gesellschaftsvertrag immer mehr Abstand genommen wird, läßt sich überall erkennen: an der Arroganz, mit der die Apologeten der fundamentalistischen Heilslehre des Neoliberalismus das Gesetz der freien Konkurrenz als das einzige Gesetz, das sie gelten lassen, verkünden und durchsetzen, an dem massenhaften Anstieg der Arbeitslosigkeit und der Prekarität der Arbeitsverhältnisse, an dem Ab- und Umbau der sozialstaatlichen Sicherungs- und Unterstützungssysteme, an der wachsenden Zahl von Menschen, die aus der Gesellschaft ausgegrenzt werden und denen die Chance auf Teilhabe verwehrt wird. Zugleich wird Abschied genommen von einer Utopie, die seit über 200 Jahren das große Ziel abendländischer Politik war: nämlich von einer demokratisch verfaßten Gesellschaft autonomer Individuen, die die Art und Weise ihres Zusammenlebens selbst bestimmen. Im Gegenteil, beschritten wird ein Weg in einen autoritären Staat, bei dem nicht nur die seit dem späten 18. und frühen 19. Jahrhundert mühsam erkämpften sozialen Errungenschaften wie etwa der Normalarbeitstag oder die sozialstaatlichen Arrangements zum Beispiel zur Sicherung der Reproduktion der Arbeitskraft bei Krankheit oder Arbeitslosigkeit den Gesetzen des Marktes geopfert werden, sondern bei dem auch die Leidtragenden dieser Entwicklung, die sogenannten Modernisierungsverlierer, intensivierter gesellschaftlicher Kontrolle und verschärfter staatlicher Repression ausgesetzt sind. Hierbei kommt der Sozialpolitik, gewissermaßen von ihren ursprünglich solidarischen Füßen auf den nunmehr sozialdarwinistischen neoliberalen Kopf gestellt, eine zentrale Schlüsselstellung zu, indem sie, statt die Sicherung der Existenz zu gewährleisten, fortan subjektive Unsicherheit und Verunsicherung zur Grundlage der von ihr im Einklang mit den Verfechtern der neoliberalen Heilslehre geforderten Eigenverantwortung erhebt. Deutliches Beispiel hierfür ist jene Politik, die unter dem Euphemismus "aktivierender Sozialstaat" (3) - insbesondere mit der Verabschiedung des umgangssprachlich Hartz IV genannten "Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt " (SGB II) (4), das organisatorisch die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe und materiell die Existenz-, das heißt die "Grundsicherung für Arbeitsuchende" zum Gegenstand hat - , einen Paradigmenwechsel in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik herbeigeführt hat, dessen längerfristigen Konsequenzen für die soziale und politische Realität der bundesrepublikanischen Gesellschaft so recht noch gar nicht abzusehen sind.

Um zu begreifen, was sich tatsächlich vor unseren Augen abspielt, ist es erforderlich, genau hinzuschauen und sich den Unterschied zwischen Intention und Proklamation zu vergegenwärtigen, will sagen, es ist zu bedenken, daß das, was einem in Form einer Regierungserklärung oder eines Gesetzestextes als Ziel präsentiert wird, nicht mit den Absichten übereinstimmen muß, die sich hinter den öffentlichen Verlautbarungen wortreich verkleidet verbergen. Und dies wiederum verlangt, das geäußerte Wort zum einen zwar wortwörtlich ernst zu nehmen, es zum anderen aber auch kritisch daraufhin zu befragen, ob und inwieweit es auch mit dem ihm eigentlich entsprechenden Handeln übereinstimmt, und, so dies nicht der Fall ist, über die möglichen Gründe für die festgestellte Inkongruenz von Wort und Tat zu reflektieren. Mit Blick auf die Frage, was sich tatsächlich hinter der Aktivierungspolitik à la Hartz IV verbirgt, sollen daher im folgenden, selbstredend ohne die Frage erschöpfend beantworten zu können, im ersten Schritt (II) einige Aspekte beleuchtet werden, anhand deren die Absurdität der von vielen geteilten Annahme plausibilisiert werden kann, der Gesetzgeber verfolge mit dem SGB II das Ziel der ›Integration‹ der Arbeitslosen.(5) Es ist vielmehr das Gegenteil der Fall, das heißt, daß an die Stelle der bisherigen politischen Programmatik der Gewährleistung von Chancen gesellschaftlicher Teilhabe durch sozialstaatliche (Wieder-)Eingliederungsmaßnahmen die neoliberale Praxis der sozialpolitischen Produktion und Verwaltung sozialer Ausgrenzung getreten ist. Sodann werden im zweiten Schritt (III) einige Überlegungen anzustellen sein hinsichtlich der unheilvollen, weil sozial desintegrativen und politisch involutiven (6) Konsequenzen der beschriebenen Politik für eine ihrem Anspruch nach demokratisch verfaßte Gesellschaft.

II

Eine sprachanalytische Befassung mit § 1 I SGB II klärt einen darüber auf, so man dem syntaktischen Aufbau eine Bedeutung zumessen will, daß nicht die Absicherung des Lebensunterhalts, sondern die Stärkung der Eigenverantwortung das vordringlichste Ziel von Hartz IV ist. Die sich hierin artikulierende Betonung der Eigenverantwortung beruht zum einen auf dem sozialpolitischen Stereotyp, daß die durch den Sozialstaat geleistete Hilfe unwirksam sei und den Status scheinbarer wie auch realer Hilfebedürftigkeit der Betroffenen verfestige, weil die den Betroffenen erwiesene Hilfe nicht nur deren Eigenmotivation und -initiative nicht fördere, sondern diese sogar hemme. Zum anderen gründet sie klar erkennbar auf der Annahme, daß man nur die durch den Staat gewährte Fremdhilfe hinreichend weit zurücknehmen müsse, um bei den Betroffenen die Einsicht zur Notwendigkeit von Eigen- oder besser Selbsthilfe befördern zu können (vgl. statt anderer ausdrücklich Feist 2000), womit die Vertreter des Stereotyps den Betroffenen prinzipiell Handlungsvermögen unterstellen und Eigenverantwortung für ihr Handeln und damit Schuld für Verfehlungen zuschreiben. Hierzu ist kritisch anzumerken, daß verantwortlich jemand jedoch nur für das ist, wofür er etwas kann, was die Frage nach der Bedeutung und den Voraussetzungen des Dafür-Könnens aufwirft.

Als Minimalbedingung gehört hierzu die Handlungsfähigkeit, das heißt das Vermögen einer Person, kausal und intentional Ereignisse herbeiführen, Zustände verändern, Prozesse auslösen, also etwas in der Welt bewirken zu können. Einer Person zurechenbar sind allerdings nur solche Handlungsfolgen, die sie normalerweise voraussehen und aufgrund dieser Voraussicht auch kontrollieren und, bei unerwünschten Folgen, auch vermeiden hätte können. Die Frage, ob eine Person etwas für die Folgen ihres Handelns kann, läßt sich mithin letztlich nur dann beantworten, wenn man Aussagen über die internen und externen Handlungsbedingungen machen kann, unter denen konkret gehandelt wird, wozu kognitive Fähigkeiten, Kenntnisse, Fertigkeiten, Willensstärke und psychische Dispositionen wie Selbstkontrolle und -steuerung ebenso gehören wie die materiellen, zeitlichen, kulturellen und sozialen externen Faktoren, die aus dem Handelnden die Person gemacht haben, die sie ist.

Wenn nun die Theoretiker und Praktiker der Eigenverantwortung die Adressaten ihrer Hilfsmaßnahmen anzuhalten trachten, eigenverantwortlich zu handeln, so ist in der realen Welt - anders als in den Köpfen der Apologeten der Eigenverantwortung - zunächst einmal völlig offen, ob es sich bei den Voraussetzungen und Bedingungen eigenverantwortlichen Handelns um ein tatsächlich vorhandenes und nur wieder zu aktivierendes (7) internes persönliches Vermögen handelt und ob der Mobilisierung des Handlungsvermögens externe Hemmnisse entgegenstehen. Daraus folgt, daß sowohl im Falle eines unzureichenden Handlungsvermögens wie auch im Falle der Existenz externer Restriktionen zur Mobilisierung desselben dem Adressaten der staatlich verordneten Eigenverantwortung, wie sie namentlich im SGB II ihren konkreten Niederschlag gefunden hat, eine Aufforderung zur eigenen Initiative als grotesk erscheinen muß und von ihm als eine - unter Umständen sogar repressiv aufgenötigte - Form der Fremdbestimmung und Disziplinierung erlebt wird, was selbstredend auch dann zutrifft, wenn der Adressat der Aufforderungen sich selbst und seine Fähigkeiten anders deutet und versteht, als ihm seine Aktivierer zumuten.

Der hier in Rede stehende Sachverhalt der Priorisierung der Eigenverantwortung gegenüber der Existenzsicherung ist nun in besonderer Weise aufschlußreich, weil er einen spezifischen Bruch symbolisiert mit der Tradition des Sozialstaates, wie er in Art. 20 I GG seinen verfassungsrechtlichen Ausdruck gefunden hat. Denn mit der Betonung der Eigenverantwortung als inhaltlichem Kern der neuen Grundsicherung wird Abstand genommen von der Idee, die das alte Gesetz zur Existenzsicherung, das seinerzeitige BSHG, noch explizit leitete. Dort hieß es nämlich in § 1 II BSHG, Aufgabe der Sozialhilfe sei es, "dem Empfänger der Hilfe die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht". Dies hatte selbstredend damit zu tun, daß die Institutionalisierung der Sozialhilfe seinerzeit, das heißt 1962, mit der festen Überzeugung erfolgte, vor dem Hintergrund der ›Wirtschaftswunder‹ genannten prosperierenden und mit Vollbeschäftigung einhergehenden ökonomischen Entwicklung käme Armut nur noch die Bedeutung eines gesellschaftlichen Randphänomens zu, weswegen der Fürsorge beziehungsweise Sozialhilfe denn auch die Rolle eines "Lückenbüßers" (Achinger 1958: 110) zugewiesen wurde. Eine Überzeugung, die sich allerdings alsbald als haltlos erwies, als sich mit der ökonomischen Krise 1974/75 Arbeitslosigkeit als strukturell bedingte und dem zentralen Auslöser für den Bezug von Sozialhilfe (vgl. Brinkmann et al. 1991) zu verfestigen begann. Indem sich nun die Gesetzgebung, vor allem finanz- und arbeitspolitisch (8) motiviert, mit dem SGB II von dem Leitgedanken der Führung eines menschenwürdigen Lebens distanziert hat, ist sie wieder auf den Stand vor dem BSHG zurückgefallen, als Fürsorge Hilfebedürftigen gewährt wurde lediglich aus Gründen der öffentlichen Ordnung, nicht aber um ihrer selbst willen. Ein Sachverhalt, den das Bundesverwaltungsgericht mit einer Entscheidung aus dem Jahre 1967 wie folgt kritisierte: "Wenn die Bundesrepublik als ein sozialer Rechtsstaat verfaßt und dem Staat die Menschenwürde anvertraut ist, so kann die Fürsorge nicht mehr als polizeiliche Armenpflege verstanden werden. Sie ist ein Teil der der staatlichen Gewalt aufgegebenen aktiven Sozialgestaltung, und innerhalb dieser aktiven Sozialgestaltung hat der einzelne Hilfesuchende eine Subjektstellung" (BVerwGE 27/63).

Zur Realisierung der programmatischen Kernaussage des SGB II sind nach § 1 i.V.m. § 4 zwei Leistungsarten vorgesehen: zum einen und zuvörderst Leistungen zur Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit insbesondere durch Eingliederung in Arbeit und zum zweiten und nachgeordnet Leistungen zur Existenzsicherung. Auch hierin zeigt sich im Vergleich zum seinerzeitigen BSHG die grundlegende Neuausrichtung der sozialstaatlichen Existenzsicherung. Heute wie damals wird nur denjenigen das Recht auf Existenzsicherungsleistungen zuerkannt, die entweder über kein existenzsicherndes Einkommen oder verwertbares Vermögen verfügen oder nachweisbar erwerbsunfähig sind. Umgekehrt formuliert heißt dies aber auch, daß heute wie damals eine Verpflichtung besteht, die eigene Arbeitskraft zur Sicherung des Lebensunterhalts einzusetzen. Allerdings mit dem bedeutsamen Unterschied, daß heute nicht mehr wie damals der Satz gilt "Arbeit statt Sozialhilfe", sondern vielmehr "Arbeit für Sozialhilfe", mit dem das geänderte Verständnis formelhaft auf den Punkt gebracht wird und das im Angelsächsischen mit der Phrase "welfare to work" (9) seine sprachliche Entsprechung hat. Dahinter verbirgt sich die Vorstellung, auf seiten des hilfebedürftigen Bürgers bestünde eine Pflicht, die staatlich gewährte Existenzsicherung als Gegenleistung ›abzuarbeiten‹, eine Vorstellung, die einen zwar durchaus an das neutestamentarische Gebot "Wenn einer nicht arbeiten will, dann soll er auch nicht essen!" (2. Thess. 3, 10) erinnert, das aber in jenen Tagen gemünzt war gegen eine müßiggehende Oberschicht, während es heutzutage abstellt auf Hunger und Verelendung als Triebkraft für Arbeitsmotivation und damit auf den stummen Zwang der Existenznotwendigkeiten. (10) Wenn man dieser Leistung-Gegenleistung-Konzeption anhängt, die ja insofern einen Einbruch der Ökonomie in das Soziale darstellt, als es dem gemeinen politischen und auch wissenschaftlichen Denken zunehmend unmöglich erscheint, sich eine Leistung ohne Gegenleistung vorzustellen, dann ist es nur konsequent, sich nicht mehr ernsthaft, wie es der Gesetzgeber mit dem SGB II tut, um die Eingliederung der hilfebedürftigen Arbeitslosen in den Ersten Arbeitsmarkt (11) zu kümmern, sondern diesen ›Arbeit um jeden Preis‹ aufzuzwingen. Was man unter dem euphemistisch als "Aktivierung" beschriebenen Aufzwingen von ›Arbeit um jeden Preis‹ zu verstehen hat, mögen ein paar Hinweise verdeutlichen.

Den erwerbsfähigen hilfebedürftigen Beziehern von Arbeitslosengeld II stehen, wie den dem Arbeitsförderungsrecht SGB III zu subsumierenden Arbeitslosen auch, zwar Leistungen nach SGB III zu, gemäß § 16 I SGB II jedoch nur als Kann-Leistungen. Wegen der begrenzt zur Verfügung stehenden Mittel für Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung kommt dies allerdings faktisch einem Ausschluß von diesen Leistungen gleich, was im Klartext gesprochen heißt, daß den Arbeitslosengeld-II-Beziehern im Regelfall keine existenzsichernde Erwerbsarbeit angeboten, sondern nur die Pflicht auferlegt wird, in einem rechtlich prekären Status eine Gegenleistung für den Erhalt der Grundsicherung zu erbringen, sei es in Form von Minioder Midi-Jobs (12) oder in Form der Arbeitssimulation in Praktika ohne Aussichten auf Übernahme in reguläre Beschäftigung oder von Maßnahmen zur Überprüfung der Arbeitswilligkeit oder im Rahmen von Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung, also den sogenannten Zusatz- oder Ein-Euro-Jobs (13), die zwar den Arbeitsgelegenheiten des früheren BSHG nachgebildet sind (14), denen aber im SGB II eine völlig andere arbeitsmarktpolitische Aufgabe zugewiesen wird, nämlich nicht Arbeitslosigkeit wie früher als temporäres individuelles, sondern als strukturelles kollektives ›Schicksal‹, sprich als Massenarbeitslosigkeit zu bekämpfen.

Es sprechen etliche Gründe dagegen, daß nun mit den im SGB II vorgesehenen Eingliederungsleistungen das Ziel der möglichst schnellen und quantitativ bedeutsamen Verringerung der Massenarbeitslosigkeit zu realisieren ist, so man denn damit die Eingliederung in eine existenzsichernde sozialversicherungspflichtige sowie arbeits- und tarifrechtlich abgesicherte Erwerbsarbeit verbindet und nicht ›Arbeit um jeden Preis‹. Der wichtigste Grund hierfür ist wohl der, daß angesichts der de facto bestehenden enormen Arbeitsmarktlücke zwischen Arbeitskraftnachfrage (offene Stellen) und Arbeitskraftangebot (Stellensuchende) zuungunsten des letzteren jegliches Eingliederungsbemühen, sei es auch das bestgemeinte, über gelungene Einzelfälle hinaus ins Leere laufen muß. Dies ist darauf zurückzuführen, daß vermittlungsorientierte Dienstleistungen wie etwa die hier in Rede stehenden Eingliederungsleistungen Information, Beratung sowie umfassende Unterstützung durch den hierfür in den §§ 4 I 1, 14 SGB II vorgesehenen "persönlichen Ansprechpartner" (15) - im managerialen Verdummungsdeutsch der Hartz-Kommission nunmehr "Case-Manager" (Hartz et al. 2002: passim) genannt (16) - strukturell unzulänglich sind, da sie Ziele und Wirkungen anstreben, die außerhalb der Reichweite der Dienstleistungskette liegen, soll heißen, daß die Besetzung oder gar Schaffung von Arbeitsstellen durch die Dienstleister, auch wenn sie dies wollten, selbst nicht herbeigeführt werden kann. Und auch nicht soll, zumindest wenn es nach den neoliberalen "Evangelisten des Marktes" (Dixon 2000) ginge, denen jeglicher Staatsinterventionismus als ein den Markt lähmendes Gift erscheint, es sei denn, dieser diene der Inneren Sicherheit, wovon die gegenläufige Entwicklung vom "Rückzug des wohltätigen Staates" einerseits und dem "Vormarsch des strafenden Staates" andererseits (vgl. etwa Wacquant 1997 mit Bezug auf die USA) beredtes Zeugnis ablegt.

Der hier beschriebene Sachverhalt des strukturellen Unvermögens, Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt bei Massenarbeitslosigkeit in Übereinstimmung zu bringen, ist dem Alltagsdenken ebenso gewiß wie die banale Tatsache, daß man Geld nicht zweimal ausgeben kann. Daraus wird für gewöhnlich gefolgert, wenn die bestehende Arbeitsmarktlücke schon nicht auf direktem Wege zu schließen sei, so müsse sie doch wenigstens prospektiv auf indirektem Wege geschlossen werden können durch Maßnahmen zu Erhalt, Verbesserung oder Wiederherstellung der Beschäftigungsfähigkeit (17), im Workfare-Jargon "employability" genannt, wie sie etwa mit den Ein-Euro-Jobs verbunden werden. Es ist hier nicht der geeignete Ort, um sich mit der ökonomischen Torheit der Ein-Euro-Jobs eingehend auseinandersetzen zu können, auf die Frage ihrer Grundgesetzkonformität beziehungsweise -widrigkeit wird weiter unten noch einzugehen sein. Doch vor dem Hintergrund der ernüchternden Befunde empirischer Studien zu den Eingliederungseffekten von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in reguläre Beschäftigung (vgl. Caliendo et al. 2005) ist soviel klar, zumindest dem wissenschaftlichen Denken im Gegensatz zu dem stark vorurteilsbehafteten Alltagsdenken, daß die Beschäftigung von Arbeitslosen in Ein-Euro-Jobs dem vorrangig herausgestellten Ziel von Hartz IV einer möglichst raschen Eingliederung in den Ersten Arbeitsmarkt wenig zuträglich ist. Im Gegenteil. Es kann sogar begründet angenommen werden, daß gerade die Politik der "Aktivierung" von Arbeitslosen durch Beschäftigung in Ein-Euro- Jobs in doppelter Weise kontraproduktiv ist, weil mit ihr erstens die Gefahr der Ersetzung oder Verdrängung regulärer Beschäftigung am Ersten Arbeitsmarkt zunimmt und weil sie zweitens nicht zur gesellschaftlichen Integration der Arbeitslosengeld-II-Bezieher beiträgt, sondern umgekehrt zu deren sozialen Ausgrenzung, denn Ausgrenzung, verstanden als Beschränkung oder Vorenthaltung von namentlich über Erwerbsarbeit und Geld vermittelter Teilhabe an mehr oder weniger zentralen Bereichen oder Ressourcen der Gesellschaft, beginnt nicht erst mit Langzeitarbeitslosigkeit, sondern bereits mit der Beschäftigung in prekären Beschäftigungsverhältnissen.

Es wird hier bewußt von ›sozialer Ausgrenzung‹ und nicht von ›sozialer Exklusion‹ gesprochen, weil letztgenannter Begriff im Kontext der die deutschsprachige Exklusionsdebatte dominierenden Luhmannschen Systemtheorie nicht notwendigerweise eine "problematische individuelle Lebenslage" (Scherr 2004: 62) bezeichnet. Hieraus sollte allerdings nicht im Umkehrschluß gefolgert werden, der ungleichheits- beziehungsweise klassentheoretische Begriff ›soziale Ausgrenzung‹ beschreibe seinerseits nur den umfassenden und dauerhaften Ausschluß von Personengruppen aus allen gesellschaftlichen Teilsystemen. Er stellt vielmehr ab auf ein Kontinuum mit den "Extremen von physischer Entfernung einerseits und der Wegnahme des wichtigsten Mittels der sozialen Teilhabe: nämlich Geld andererseits " (Steinert 2000: 10), wobei ein Phänomen nur dann als ›soziale Ausgrenzung‹ kategorisierbar ist, wenn es so häufig und weit verbreitet ist "dass man es nicht mehr als selbstverschuldet sehen kann, dass es vielmehr als das Ergebnis unpersönlicher Kräfte außerhalb der Kontrolle der Betroffenen verstanden werden muss" (ebd.: 8), wie Massenarbeitslosigkeit zum Beispiel, der mit Maßnahmen ›sozialer Kontrolle‹ nur unzulänglich begegnet werden kann. (18)

Gleichviel: Es soll hier nicht in Abrede gestellt werden, daß mit der Maxime "Jede Arbeit ist besser als keine" (19), die der "aktivierenden Arbeitsmarktpolitik" zugrundeliegt, es unter Umständen gelingen mag, Arbeitslose in irgendeine Arbeit zu bringen. Doch es ist zu erwarten, daß es damit auch unter den Erwerbstätigen zu einer Verbreitung von Einkommensarmut (20) kommt, wodurch der Weg gebahnt wird in eine Gesellschaft, die von dauerhafter drastischer sozialer Ungleichheit geprägt ist. Dies zeigen jedenfalls die Erfahrungen aus den USA und Großbritannien (vgl. Ludwig-Mayerhofer 2005: 215), jene Länder also, die mit ihrer Workfare-Politik unter Bill Clinton und Tony Blair der damaligen rot-grünen Bundesregierung als Vorbild dienten für deren workfare-politisches Konzept des "aktivierenden Sozialstaates" mit seinem sich auch im SGB II wiederfindenden zentralen Handlungsgrundsatz des "Fördern und Fordern".

Das im SGB II zuvörderst genannte Ziel der Vermittlung von hilfebedürftigen Arbeitsuchenden auf im Ersten Arbeitsmarkt faktisch nicht vorhandene Arbeitsplätze zwingt die Grundsicherungsträger respektive deren Fachpersonal vor dem Hintergrund des Diktats des wirtschaftlichen, das heißt effizienten und effektiven Umgangs mit den vorhandenen knappen Ressourcen zur fortwährenden "fürsorglichen Belagerung" ihrer Klientel, mit der elementare Grundrechte mißachtet oder gar außer Kraft gesetzt werden. Seinen Ausdruck findet dies in der Art und Weise, wie das ebenfalls aus dem US-amerikanischen und britischen Kontext stammende Konzept des Case- beziehungsweise Care-Managements durch die Hartz-Kommission (vgl. Hartz et al. 2002: 66 ff.) im Hinblick auf die Förderung der Beschäftigungsfähigkeit und Aufrechterhaltung der Arbeitswilligkeit aufgegriffen und im SGB II implementiert wurde. (21)

Ursprüngliches Ziel des Case-Managements war, zwei Orientierungen so effizient und effektiv wie möglich in Übereinstimmung zu bringen, nämlich die Bedarfe des hilfesuchenden Klienten auf der einen Seite mit den Angeboten der Erbringer "personenbezogener sozialer Dienstleistungen" (vgl. grundlegend Bauer 2001) auf der anderen Seite, wobei im Idealfall die Tätigkeit des Case-Managers in seiner Rolle als ›Anwalt des Klienten‹ (22) darauf zielt, beide Orientierungen zugunsten der Bedarfsnotwendigkeiten des konkreten Einzelfalls zu integrieren.

Dies heißt allerdings nicht, alles zu tun, was der Klient will, noch ihm etwas anzudienen, was er nicht will, sondern mit dem Klienten gemeinsam Bewältigungsstrategien zu entwickeln, die seiner spezifischen Bedarfslage angemessen sind (vgl. Buestrich, Wohlfahrt 2005: 313 f.), weil nämlich die Frage, ob Hilfebedürftigkeit besteht, nicht allein von dem Helfer festzustellen ist, sondern nur das Ergebnis einer gemeinsamen Erörterung sein kann, wie auch die Mittel, mit denen, und die Ziele, auf die hin zu helfen ist, keineswegs von Anfang an festliegen, sondern ebenso als Ergebnis eines diskursiven Prozesses legitimierbar sein müssen, sofern an der vernunftmäßig begründbaren Einsicht und dem darauf aufbauenden Postulat festgehalten wird, daß es ein Recht des Hilfebedürftigen auf ein menschenwürdiges und selbstbestimmtes Leben gibt, dem die sittlich begründete Pflicht korrespondiert, diesem die hierzu erforderliche Unterstützung angedeihen zu lassen. Zu ignorieren, daß nur der Hilfebedürftige selbst authentisch über seine Hilfebedürftigkeit befinden kann, hieße, dessen Würde zu verletzen und dessen Vorstellung von der Führung eines gelingenden Lebens zu mißachten. Denn wie kann es angehen, des Menschen Würde für unantastbar zu halten und schützen zu wollen, wie es zum Beispiel das Grundgesetz in seiner Fundamentalnorm Art. 1 GG vorsieht, ohne daß diejenigen, die da Würde besitzen sollen, mitbestimmen, was denn ihre Würde wirklich sei?

In vorstehendem Verständnis von Case-Management wird die Beziehung zwischen Case-Manager und Klient also als ein sozialer Interaktionsprozeß beschrieben, in dem Helfer und Klient gemeinsam mit der Definition dessen beschäftigt sind, was dem Klienten fehlt und wie Abhilfe geschaffen werden kann. Gegen eine solche normativ aufgeladene Sichtweise läßt sich allerdings mit der Kühle des analytischen Blicks der prinzipielle Einwand formulieren, daß in Organisationen institutionalisierte und verberuflichte Hilfe weder auf der Grundlage von reziproken Erwartungsstrukturen noch auf der von religiös-moralischen Motiven, sondern auf der von Entscheidungsprogrammen erbracht wird (23), in denen definiert ist, wem wann wie geholfen werden kann, soll oder muß, womit zugleich die Herausbildung einer asymmetrischen Beziehung zwischen dem hilfebedürftigen beziehungsweise -suchenden Klienten und dem potentiell hilfeleistenden Helfer verbunden ist.

Jenseits dieser grundsätzlichen Kritik, die gegen die ideologisch verbrämte Sicht des Case-Managers als ›Anwalt des Klienten‹ vorgebracht werden kann, weil sie unzulässigerweise von den sachlichinhaltlichen, zeitlich-räumlichen und sozial-interaktiven Rahmenbedingungen des beruflichen Hilfeprozesses (vgl. Wolff 1981) abstrahiert, ist mit Blick auf den im SGB II institutionalisierten Hilfeprozeß festzuhalten, daß hier das Case-Management mitnichten beschrieben werden kann als ein sozialer Interaktionsprozeß, der sich charakterisieren ließe durch Freiwilligkeit der Inanspruchnahme der Hilfe, eine symmetrische Helfer-Klient-Beziehung und Offenheit hinsichtlich des Ergebnisses der Hilfe, also Grundsätze und Bedingungen, wie sie für das Gelingen von sozialen Beratungsleistungen zur Unterstützung von Hilfesuchenden in prekären materiellen Lebenslagen wie Arbeitslosigkeit oder Armut (vgl. insbesondere Bartelheimer/ Reis 2001) vorausgesetzt sind.

Dies kommt allein schon deutlich in dem von der Hartz-Kommission verfolgten Ziel zum Ausdruck, das Case-Management als ein Präventionsinstrument zu konzipieren, mit dem Langzeitarbeitslosigkeit frühzeitig erkannt werden soll, um eine damit gegebenenfalls erforderliche Inanspruchnahme von Unterstützungsleistungen ausschließen zu können (vgl. Hartz et al. 2002: passim). Es zeigt sich ferner in der Betonung des "Fordern" gegenüber dem "Fördern", das sich zum einen ablesen läßt an der Regelungssystematik des SGB II selbst, das dem Grundsatz des "Fordern" mit § 2 eindeutig Priorität einräumt vor dem des "Fördern" mit § 14 und welches das "Fordern" ausgestaltet als Muß- Leistung und das "Fördern" lediglich als Kann-Leistung, was gleichbedeutend ist mit einer Suspendierung individueller Rechte (vgl. Schruth 2004: 3). Es läßt sich zum anderen auch und vor allem identifizieren an der in § 48 SGB II vorgesehenen Zielvereinbarung, die der Grundsicherungsträger, das heißt hier die Bundesagentur für Arbeit, abschließen muß zur Erreichung der SGB-II-Ziele mit dem für sie zuständigen Ministerium im Einvernehmen mit dem Finanzministerium. Da Zielvereinbarungen betriebswirtschaftlich ausgerichtet sind beziehungsweise sich an der Haushaltslage orientieren, stellen sie den finanziellen Handlungsrahmen dar, innerhalb dessen sich der Case-Manager zu bewegen hat, so daß ihm denn auch so gut wie kein Handlungsspielraum verbleibt, um im Rahmen der Dienstleistungserbringung entsprechend der ihm im Ideal zugedachten Rolle als ›advocate‹ anwaltlich im Interesse der Klienten zu handeln. Im Gegenteil, der Case-Manager gerät dadurch in die Rolle eines ›gate-keepers‹, also eines Türstehers, dessen Aufgabe darin besteht, arbeitslosen hilfebedürftigen Klienten den erstmaligen oder fortgesetzten Zugang zu den Unterstützungsleistungen zu verwehren, indem sie durch vorgeschaltete Aktivierungsmaßnahmen, etwa sogenannte "Sofortangebote" (24), und aggressives Case-Management, das heißt Strategien der "Verfolgungsbetreuung" (25), mit Leistungsausschlüssen oder -kürzungen konfrontiert werden (vgl. Fetzer 2006: 34 ff.).

Daß durch den Case-Manager also eine Selektion stattfindet, die sich nicht an dem Hilfebedarf des Klienten orientiert, sondern an den finanz- und organisationspolitischen Interessen des Grundsicherungsträgers, dies wird verstärkt durch die widersprüchlichen Bedingungen, unter denen sein Handeln erfolgt, nämlich auf den Arbeitsmarkt objektiv keinen maßgeblichen Einfluß nehmen zu können, dafür aber sehr wohl auf den hilfesuchenden und -empfangenden Arbeitslosen, so daß sich die den Hilfeprozeß steuernden Anstrengungen einer Vermittlungsarbeit auch zwangsläufig darauf konzentrieren, das auf der Makroebene angesiedelte Problem der Massenarbeitslosigkeit auf der Mikroebene des individuellen Verhaltens durch Anpassung, sprich Unterwerfung der Klienten an die Erfordernisse des Arbeitsmarktes zu überwinden, was wiederum die Wahrscheinlichkeit des Einsatzes von repressiven Mitteln wie die Einrichtung von Arbeitszwang oder die Drohung mit der Reduzierung oder gar vollständigem Entzug der Unterstützungsleistungen erhöht.

Nahegelegt wird diese Sichtweise aufgrund der sich mit dem Neoliberalismus vollziehenden Neudefinition des Verhältnisses von Staat, Ökonomie und Gesellschaft, wonach das Ökonomische nicht mehr, wie im Frühliberalismus, ein fest umrissener und eingegrenzter gesellschaftlicher Bereich mit spezifischer Rationalität, Gesetzen und Instrumenten ist, sondern nunmehr prinzipiell die Gesamtheit menschlichen Handelns umfaßt und über die Form des Marktes Staat und Gesellschaft als Organisationsprinzip dient (vgl. Lemke et al. 2000: 14 ff.), wandelt sich auch der Bürger vom Arbeitskraftbesitzer zum Unternehmer seiner selbst beziehungsweise zum "Arbeitskraftunternehmer" (Voß/Pongratz 1998). Dieser hat nicht bloß seine Arbeitskraft, sondern seine ganze Persönlichkeit als Ware auf dem Markt gewinnbringend feilzubieten, was erfordert, sich selbst als Unternehmen zu begreifen und entsprechend zu führen, das heißt, den gesamten eigenen Lebenszusammenhang aktiv an betriebswirtschaftlichen Effizienzkriterien und unternehmerischen Kalkülen auszurichten. Das von der Hartz-Kommission inaugurierte und an das "Wörterbuch des Unmenschen" (Sternberger et al. 1986) erinnernde und demzufolge auch zu Recht zum Unwort des Jahres 2002 erklärte Wort "Ich-AG" (vgl. hierzu namentlich Lessenich 2003b) bringt expressis verbis die hinter ihm stehende Ideologie zum Ausdruck: Das Akronym ›AG‹ steht für das Ich als Aktiengesellschaft, für das ökonomische Individuum, für den arbeitskraftbesitzenden Menschen als Unternehmer seiner selbst, bei dem gewissermaßen Unternehmer- und Managerfunktion zusammenfallen, so daß er zugleich als "Eigentümer und Betriebsleiter seiner selbst" (Bröckling 2000: 154) erscheint. - Und was den erwähnten Arbeitszwang anbelangt, so handelt es sich dabei nicht um eine bloße Denkmöglichkeit: In seinem Gutachten zur Vereinbarkeit ausgewählter Bestimmungen des SGB II mit dem Grundgesetz kommt Wende zu der Einschätzung, daß - gemessen am Maßstab des Verbotes von Arbeitszwang und Zwangsarbeit, wie es Art. 12 II, III GG vorsieht - die Reduzierung und der Entzug des Arbeitslosengeldes II gemäß § 31 I SGB II grundgesetzwidrig ist, "soweit die Aufnahme von Arbeitsgelegenheiten gegen den Willen des Betroffenen verlangt wird und diesem der Arbeitsmarkt verschlossen ist" (Wende 2004: 54). Für eine solche Praxis ist die Bundesrepublik Deutschland bereits vor einigen Jahren schon einmal von einem Sachverständigenausschuß der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) der Vereinten Nationen gerügt worden, weil die Verpflichtung von sozialhilfeempfangenden Asylbewerbern auf der Grundlage der im BSHG vorgesehenen Arbeitsgelegenheiten als "nicht mit den Bestimmungen zum Verbot der Zwangsarbeit vereinbar" (zit. nach: Bust-Bartels 2004: 1) sei. Dort ist in Art. 2 I des von der Bundesrepublik Deutschland 1957 ratifizierten ILO-Übereinkommens Nr. 29 über Zwangs- oder Pflichtarbeit festgelegt: "Als ›Zwangs- oder Pflichtarbeit‹ gilt jede Art von Arbeit oder Dienstleistung, die von einer Person unter Androhung irgendeiner Strafe verlangt wird und für die sie sich nicht freiwillig zur Verfügung gestellt hat.")

Erleichtert wird dem Case-Manager das obig beschriebene Vorgehen durch ein politisch und massenmedial hergestelltes gesellschaftliches Klima der "Entsachlichung und normative[n] Dichotomisierung von Problemen" (Prisching 2003: 231), in dem wider besseres Wissen (26) zum Zwecke der Verdeckung handfester Interessenlagen Arbeitslose unter Generalverdacht gestellt werden, "Drückeberger", "Faulenzer", "Sozialschmarotzer" oder "Parasiten" zu sein, so daß es völlig legitim erscheint, gegen diese vermeintlich das Gemeinwohl schädigenden ›innerstaatlichen Feinde‹ mit aller Härte und ›Null-Toleranz‹ (vgl. Hansen 1999) vorzugehen und ihre soziale Ausgrenzung voranzutreiben, sie "auszufördern", wie es im Behördenjargon unverblümt heißt. Beispiel hierfür ist unter anderem die unsägliche, vom vormaligen Wirtschafts- und Arbeitsminister Wolfgang Clement zu verantwortende Mißbrauchskampagne, in der auf der Grundlage ausgewählter Einzelfälle von Sozialleistungsmißbrauch Arbeitslose (27) pauschal der "Abzocke" (BMWA 2005: passim) bezichtigt und expressis verbis als "Parasiten" (ebd.: 10) bezeichnet wurden, eine Kategorisierung, die vorzunehmen in bezug auf Menschen sich vor allem wegen ihrer Nähe zur Propagandasprache des Nationalsozialismus (vgl. unübertroffen Klemperer 1969) (28) verbietet, die sich aber, wie ersichtlich, nichtsdestoweniger einer gewissen Beliebtheit erfreut, weil sie es erlaubt, die mit ihr bezeichneten Personen auszugrenzen (vgl. Steinert 2000: 17). (29) Dem scheint, zumindest auf den ersten Blick, die Einberufung eines Ombudsrates Grundsicherung für Arbeitsuchende (vgl. Bergmann et al. 2005) durch Clement selbst zu widersprechen, zielt doch die aus Schweden stammende Grundidee der Institution eines Ombudsmanns darauf, einen Treuhänder mit der Wahrnehmung spezifischer Rechte der Bürger gegenüber dem Staat zu beauftragen, um deren ungerechte Behandlung durch diesen zu verhindern (30), und zwar unter anderem durch eine objektive Betrachtung des zwischen Staat und Bürger strittigen Sachverhalts und durch Abwägung der von beiden Seiten vorgebrachten Argumente. Betrachtet man sich jedoch die personelle Besetzung des Ombudsrates, so kann man sich nur schwer des Eindrucks erwehren, als sei hier gewissermaßen der Bock zum Gärtner gemacht worden, weil dessen Mitglieder in den Chor derer einstimmen, die, wie Clement und eine ihm willfährige Journaille, die hilfesuchenden und -empfangenden Arbeitslosen pauschal diskriminieren, indem sie diese zum Beispiel ungerechtfertigt zu den Verursachern der Kostenexplosion beim Arbeitslosengeld II abstempeln. (31)

III

Die hier bloß in groben Zügen dargestellte Aktivierungspolitik, die mittels Maßnahmen der Entsicherung und Entrechtung auf eine Re-Kommodifizierung der Arbeitskraft (32) zielt, das heißt, die Arbeitskraftbesitzer wieder verstärkt den Marktgesetzen ungeschützt auszuliefern, um die Betroffenen zu marktkonformem und eigenverantwortlichem Verhalten anzuhalten, erweist sich nicht nur in sozialer Hinsicht als höchst problematisch, führt sie doch qua Aufkündigung des bislang geltenden "impliziten Gesellschaftsvertrages" (Moore 1987: passim), Arbeit existenzsichernd zu entgelten, zu einer dauerhaften Ausgrenzung immer größerer Bevölkerungsgruppen, mit der nicht ganz unwahrscheinlichen Folge, daß mit der gesellschaftlichen Wiederkehr der zwar arbeitenden, aber sozial entsicherten und entrechteten Armen sozialdesintegrative Rückwirkungen auf die Mehrheitsgesellschaft verbunden sein werden. (33) Denn das soziale Draußen der Ausgrenzung liegt nicht im gesellschaftlichen Jenseits, sondern ist aufs engste mit dem sozialen Drinnen verschränkt (vgl. Simmel 1992: 522 f.). Zudem findet eine Abkehr vom bisher vorherrschenden Familienlohnmodell statt, wonach das über den Arbeitsmarkt zu erzielende Einkommen hinreichen sollte für den Unterhalt des Arbeitnehmers selbst und seiner Familienangehörigen. Es ist in diesem Zusammenhang an Art. 23 III der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 und die von der Bundesrepublik Deutschland 1973 ratifizierten und bindende Pflichten begründenden UN-Menschenrechtskonventionen von 1966 zu erinnern, in denen kodifiziert ist, daß Arbeit eine Bedingung für ein würdevolles Leben ist, eine Arbeit allerdings, die an eine Entlohnung geknüpft ist, die es ermöglicht, sich und seiner Familie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz zu sichern.

Höchst problematisch ist die Aktivierungspolitik überdies in sowohl verfassungs- beziehungsweise menschenrechtlicher als auch in politischer Hinsicht, was den wortreichen und tatkräftigen Befürwortern der Aktivierungsideologie aber offensichtlich gleichgültig ist. Die Gleichgültigkeit gegenüber (Grund-)Rechtsverstößen zeigt sich nicht nur in den als verfassungswidrig monierten Bestimmungen des SGB II, sie äußert sich auch in der Ignoranz von Politik und Verwaltung gegenüber der Rechtsprechung, so zum Beispiel in der durch das zuständige Ministerium qua Dienstanweisung legitimierten Praxis der Grundsicherungsträger, zusammenlebende Paare zu einer eheähnlichen Einstandsgemeinschaft zu erklären, obwohl nach höchstrichterlichem Recht ein unterhaltsrechtlicher Anspruch unter nichtverheirateten Paaren nach dem BGB nicht existiert. Die ebenfalls auf einer Dienstanweisung fußende Praxis, nichtleibliche Eltern zum Unterhalt für ihre Stiefkinder heranzuziehen, obwohl es nach dem BGB bei Stiefeltern keine Unterhaltspflicht gibt, ist zwischenzeitlich aufgrund einer Vielzahl von Rechtssprüchen und Beschwerden durch Weisung zwar eingestellt worden, ohne allerdings in der Weisung darauf hinzuweisen, daß der Grundsicherungsträger die zu Unrecht nicht gezahlten Leistungen von Amts wegen nachzuzahlen hat. (vgl. Thomé 2006: 4)

Der Bruch, der sich hier mit dem Wechsel vom keynesianischen Welfare State zum schumpeterianischen Workfare State (vgl. Jessop 1994: 57 ff.) vollzieht, ist nicht nur einer, der mit Blick auf die angestrebte Revitalisierung beziehungsweise Entfesselung der Kräfte des Marktes eine Veränderung des Verhältnisses zwischen Staat und Bürger durch eine neu herzustellende Balance von deren Rechten und Pflichten entsprechend der Maxime des "Fördern und Fordern" zum Gegenstand hat, sondern auch einer, mit dem der Weg in eine andere Republik geebnet zu werden scheint, eine Republik, der das Prädikat, "sozialer Rechtsstaat" zu sein, fürderhin kaum noch ernsthaft zugesprochen werden kann.

Wer eine solche Einschätzung für überzogen hält, den könnte ein Blick in das alles Handeln staatlicher Organe bindende Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland eines Besseren belehren, in dem der in Art. 1 I GG formulierte Schutz der Menschenwürde in Verbindung mit dem Sozialstaatspostulat des Art. 20 I GG seit jeher die zentrale Bezugsnorm aller Sozialpolitik war und das nach dem "Ewigkeitsklausel" genannten Art. 79 III GG in seinem Wesensgehalt, wie übrigens auch die in Art. 20 I GG niedergelegten grundlegenden Prinzipien für die rechtliche und organisatorische Gestaltung des Staates, unabänderbar und damit auch nicht politisch disponibel ist. Als verfassungsrechtliche Leitvorstellung sozialstaatlicher Maßnahmen hatte der Schutz der Menschenwürde Eingang gefunden sowohl in das vielfach als Sozialcharta für die Bundesrepublik Deutschland bezeichnete SGB I als auch in das seinerzeitige Existenzsicherungsgesetz BSHG, nicht aber, wie bereits erwähnt, in das heutige Grundsicherungsgesetz SGB II. Da neben dem SGB II jedoch kein weiteres Existenz- beziehungsweise Grundsicherungsgesetz für erwerbsfähige Hilfebedürftige existiert, kommt eben diesem, und zwar hergeleitet aus der Verpflichtung des Staates zum Schutz der Menschenwürde, die Aufgabe zu, die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein erforderlichenfalls durch Unterstützungsleistungen zu sichern.

Nun läßt sich aber dem Grundgesetz selbst oder einer diesbezüglichen einfachgesetzlichen Ausgestaltung nicht entnehmen, was im einzelnen unter einem menschenwürdigen Dasein zu verstehen ist. Deswegen ist es angezeigt, auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zurückzugreifen. Dieses hat 1970 klargestellt, daß die Gewährleistung des bloßen physischen Existenzminimums für ein menschenwürdiges Dasein nicht hinreicht, weil dem Hilfeempfänger gesellschaftliche Teilhabe möglich sein muß, also in der Umgebung von Nichthilfeempfängern ein Leben "ähnlich wie diese" (BVerwGE 36, 258) führen zu können, wobei auf die herrschenden Lebensgewohnheiten abzustellen ist (vgl. BVerwGE 35, 180 f.) Mit der Politik der ausgrenzenden Aktivierung à la Hartz IV, das heißt dem politisch-administrativ institutionalisierten Druck auf die Bereitschaft hilfebedürftiger Arbeitsloser, jede Arbeit um jeden Preis anzunehmen, verliert jedoch Art. 1 I GG seine soziale Substanz. Dies zeigt sich insbesondere, aber nicht nur, an dem durch den Case-Manager mittels Eingliederungs›vereinbarung‹ (34) autoritativ herstellbaren Junktim von Teilhabe und Teilnahme, sprich der Konditionalität zwischen der Gewährung von Unterstützungsleistungen einerseits und der Aufnahme von Arbeit, zumindest aber der Demonstration von Arbeitswilligkeit oder der Abgabe von Arbeitsleistungsversprechen andererseits. Ein Junktim, das durch das Grundgesetz allerdings in keiner Weise gedeckt wird, wie einer frühen, aus dem Jahr 1954 stammenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu entnehmen ist. Dieses kam mit Blick auf die Frage, ob es einen aus der Verfassung zwingend herzuleitenden Rechtsanspruch auf Sozialhilfe geben müsse, zu dem Schluß: "Der Einzelne ist zwar der öffentlichen Gewalt unterworfen, aber nicht Untertan, sondern Bürger. [Â…] Die unantastbare, von der staatlichen Gewalt zu schützende Würde des Menschen (Art. 1) verbietet es, ihn lediglich als Gegenstand staatlichen Handelns zu betrachten, soweit es sich um die Sicherung des ›notwendigen Lebensbedarfs‹ [Â…], also seines Daseins überhaupt handelt. Mit dem Gedanken des demokratischen Staates (Art. 20) wäre es unvereinbar, daß zahlreiche Bürger, die als Wähler die Staatsgewalt mitgestalten, ihr gleichzeitig hinsichtlich ihrer Existenz ohne eigenes Recht gegenüberständen." (BVerwGE 1/ 161 f.) Der im Grundgesetz als "sozialer Rechtsstaat" bezeichnete Sozialstaat wurde somit hinsichtlich der letzten existentiellen Sicherung seiner Bürger ausdrücklich als voraussetzungs- und bedingungslos verstanden. Die hier zum Ausdruck kommende Vorstellung, daß Demokratie und Menschenwürde zwangsläufig einander bedingen (35), war den Hunger und Entbehrungen ausgesetzten Mitgliedern des Parlamentarischen Rates eine existentielle Erfahrung, derer diejenigen offensichtlich ermangeln, denen die "Gnade der späten Geburt" (36) zuteil wurde, die es ihnen zu erlauben scheint, die Würde von hilfebedürftigen Menschen ohne Arbeit anzutasten, was umso bedenklicher stimmt angesichts der Tatsache, daß es sich bei der Bundesrepublik Deutschland um eine Gesellschaft handelt, die ob ihres enormen objektiven Reichtums es jedem ermöglichen könnte, ein Leben in Würde zu führen.

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Michael Wolf - Prof. Dr. rer. pol., Sozialwissenschaftler, Hochschullehrer für Sozialpolitik und Sozialplanung am Fachbereich Sozialwesen der Fachhochschule Koblenz; Arbeitsschwerpunkte: Arbeits(markt)- und Sozialpolitik, Befreiungspädagogik (Paulo Freire), Diskrepanzphilosophie (Günther Anders), Figurationssoziologie (Norbert Elias), Transformationsforschung; zuletzt in UTOPIE kreativ: "Aktivierende Hilfe". Zu Ideologie und Realität eines sozialpolitischen Stereotyps, Heft 179 (September 2005). Kontakt: wolf@fh-koblenz.de

1 Bei dem Text handelt es sich um die überarbeitete, erweiterte und mit Anmerkungen und Literaturverweisen versehene Fassung des Manuskripts zu einem Vortrag, der aus Anlaß der Fachtagung des Vereins für Beschäftigungspolitik: kommunal e.V. in Leipzig zum Thema "Erfahrungen aus der lokalen Umsetzung des SGB II - Strukturen, Leistungsprozess, Handlungsbedarfe " am 3. 5. 2006 gehalten wurde. Die Printversion der Kurzfassung ist erschienen in: H. Siemon, (Red.), Fachtagungen Netzwerk SGB II. Fachtagung 1: Erfahrungen aus der lokalen Umsetzung des SGB II - Strukturen, Leistungsprozesse, Handlungsbedarfe, 3.-4. Mai 2006 Leipzig, Offenbach: Verein Beschäftigungspolitik: kommunal e.V., 2006, S. 16-24.

2 In Anführungszeichen deswegen, weil nicht ernsthaft davon die Rede sein kann, im Falle der Bundesrepublik Deutschland sei das Volk der pouvoir constituant (im Sprachgebrauch der Französichen Revolution) gewesen, weshalb das Grundgesetz noch bis in die Gegenwart - zumal vor dem Hintergrund der Unterlassung, im Zuge der Vereinigung der beiden Deutschen Staaten dem Auftrag von Art. 146 GG nachzukommen, eine Verfassung vom "deutschen Volk in freier Entscheidung" zu beschließen - mit der Hypothek belastet ist, nicht durch den Souverän demokratisch legitimiert worden zu sein.

3 Vgl. zum Konzept des drei Reformvorhaben (d. i. die Neugestaltung des staatlichen Verwaltungsapparates, der sozialen Sicherungssysteme und des Verhältnisses zwischen Staat und Bürger) umfassenden "aktivierenden Staates" allgemein Lamping et al. (2002), zu dessen Bedeutung als Ansatz zur Umgestaltung des Sozialstaats im besonderen die Beiträge in Dahme et al. (2003) sowie Mezger/West (2000).

4 "Erstes" und "Zweites Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" ("Hartz I u. II") sind am 1. Januar 2003 in Kraft getreten, "Hartz III" am 1. Januar 2004 und "Hartz IV" in Form des neu geschaffenen SGB II (Grundsicherung für Arbeitsuchende) am 1. Januar 2005. Zu Inhalt und Umsetzung der Hartz-Gesetze vgl. den immer noch informativen Aufsatz von Brütt (2003).

5 So etwa auch der Veranstalter der Tagung, der sich dieser Text verdankt. Die in der Politik übliche Gleichsetzung der Begriffe ›Eingliederung‹ und ›Integration‹ mag zwar umgangssprachlich ihre Berechtigung haben, für den sozialwissenschaftlichen Diskurs hingegen lassen sich Bedenken formulieren, weil eben mit einer Eingliederung in den Arbeitsmarkt nicht auch zwangsläufig eine gesellschaftliche Integration einhergehen muß, sondern unter Umständen auch das Gegenteil, soziale Ausgrenzung, der Fall sein kann.

6 Als politik- und gesellschaftskritischer Begriff bezeichnet ›Involution‹ die Rückentwicklung demokratischer Systeme, Strukturen und Formen in vor- oder antidemokratische; vgl. hierzu in pointierter Weise die luziden Ausführungen von Agnoli (1974).

7 Es sollte an dieser Stelle vielleicht klargestellt werden, daß es sich, mit Bezug auf die aristotelische Akt- Potenz-Lehre, bei dem Begriff ›Aktivierung‹ um die Mobilisierung eines immer schon vorausgesetzten Handlungspotentials handelt, weswegen auch nur dasjenige aus jemandem herausgeholt werden kann, was diesem seiner Möglichkeit nach bereits innewohnt (vgl. Kocyba 2004).

8 Zum Konzept der Arbeitspolitik vgl. namentlich AG Sozialpolitik (1985: 725 ff.), Naschold (1983).

9 Das von den Republikanern unter Bill Clinton mit dem Versprechen "to end welfare as we know it" in den 1990er Jahren initiierte und exekutierte wohlfahrtsstaatliche Reformprogramm basierte auf der Vorstellung, "anyone who can go to work must go to work", und mündete demzufolge in dem Postulat "to move people from welfare to work" (Bill Clinton; zit. nach: Lessenich 2003a: 215).

10 Zum historischen Wandel des Verhältnisses von Arbeiten und Essen und den sich daraus für den Umgang mit Armut ergebenden Konsequenzen vgl. Vobruba (1985).

11 Zu den Unterschieden von (regulärem) Erstem Arbeitsmarkt, Zweitem (staatlich gefördertem temporärem Ersatz-)Arbeitsmarkt und Drittem (staatlich verordnetem Zwangs-)Arbeitsmarkt vgl. Hanesch (1985).

12 Eingeführt im Rahmen von Hartz II handelt es sich bei Mini-Jobs um Beschäftigungsverhältnisse bis zu 400 Euro Monatsentgelt, bei Midi-Jobs um solche zwischen 400 und 800 Euro Monatsentgelt.

13 In der wohl unbedachten Bezeichnung "Zusatzjob " (Saalfrank 2005: passim) für Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung nach § 16 III SGB II kommt zum einen vermittels des Bestimmungswortes ›Zusatz‹ semantisch verräterisch zum Ausdruck, daß hier eine gewisse Affinität besteht zu Gelegenheitsarbeiten, d. h. zu Arbeiten, die ohne festes Arbeitsverhältnis erbracht werden und jederzeit kündbar sind. Zum anderen erzeugt das Kompositum vermittels seines Grundwortes ›Job‹ die Illusion, es handele sich bei diesen Arbeiten um eine "einträgliche [eigene Hervorhebung; M. W.] Beschäftigung zum Zwecke des Geldverdienens " (Wikipedia 2006), wovon jedoch angesichts deren Ausrichtung am Existenzminimum wohl kaum die Rede sein kann und was zudem auch nicht der gesetzlichen Intention, der Eingliederung in den Ersten Arbeitsmarkt, entspricht.

14 In Konkretisierung des Nachranggrundsatzes von § 2 I kannte das BSHG bereits seit seinem Inkrafttreten 1962 unter dem Kapitel "Hilfe zur Arbeit" mit a) § 18 I die allgemeine Verpflichtung zur Verwertung der eigenen Arbeitskraft, mit b) § 19 I die Zuweisung in eine vorübergehend staatlich geförderte Arbeit ohne Zusätzlichkeits- und Gemeinnützigkeitscharakter, mit c) § 19 II Alt. I die Zuweisung in gemeinnützige und zusätzliche Arbeit (gzA) auf bürgerlich-rechtlicher Grundlage und mit d) § 19 II Alt. 2 die Zuweisung in gzA auf öffentlichrechtlicher Grundlage qua Beschäftigungsvertrag oder Verwaltungsakt sowie mit e) § 20 I Alt. 1 Maßnahmen zur Vermeidung von Arbeitsentwöhnung oder mit f) § 20 I Alt. 2 Maßnahmen zur Prüfung der Arbeitsbereitschaft (vgl. Krahmer 1984; Münder, Birk 1983), wobei rechtsgeschichtlich betrachtet die §§ 18-20 BSHG an Bestimmung des alten, bis 1960 geltenden Fürsorgerechts, hier: § 19 RFV bzw. §§ 7, 13 RGr, anknüpften.

15 Da dieser, im Behördenjargon anzüglich als "Paps" bezeichnet, nicht nur über die materiellen Hilfen entscheidet, sondern auch über die Eingliederungsleistungen und über den Einbezug ins Case- Management, besteht die Gefahr, daß die Beziehung der hilfebedürftigen Arbeitslosen zu ihrem "Paps" in ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis umschlagen kann, was es gerechtfertigt erscheinen läßt, von einer Refeudalisierung der beschäftigungsorientierten sozialen Dienstleistungserbringung zu reden.

16 Eine Lektüre des Berichtes der Hartz-Kommission (vgl. Hartz et al. 2002: 66 ff.) führt drastisch das Ausmaß der organisierten Volksverdummung vor Augen: So betritt heute nicht mehr ein Arbeitsloser das Arbeitsamt, sondern der "Kunde" ein "JobCenter " und meldet sich dort zwecks "Eingangsprofiling" (früher: erstes Informationsgespräch) im "Front-Office" (früher: Empfangsraum) an der "Clearingstelle" (früher: Information), von wo er bei weitergehendem Beratungs- oder Betreuungsbedarf je nach Fall als "Beratungskunde " oder "Betreuungskunde" dem im "Back-Office" (früher: Dienstraum) residierenden "Case-Manager " (früher: Sachbearbeiter) zugeführt wird, der ein "Tiefenprofiling" (früher: Eignungsfeststellung) veranlaßt, auf dessen Basis dann eine verbindliche Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen wird, in der festzuhalten ist, mit welchen Maßnahmen das "Matching" (früher: Abstimmung) von Arbeitsangebot und -nachfrage optimiert werden soll. Die in diesem Zusammenhang auftauchende semantische Umstellung vom ›Klienten‹ (dem Schutzbefohlenen) zum ›Kunden‹ der Arbeits- und Sozialverwaltung ist in mehrfacher Hinsicht irreführend, da sie von dem jeweiligen Kontext (Markt bzw. Staat), in dem die personenbezogenen sozialen Dienstleistungen erbracht werden, unzulässigerweise abstrahiert. Im Gegensatz zu dem ›Kunden‹ genannten Marktteilnehmer kann der ›Nutzer‹ genannte Adressat (quasi-)öffentlicher bzw. (para-)staatlicher personenbezogener sozialer Dienstleistungen, erstens, weder bzgl. des zwischen ihm und seinem ›Dienstleister‹ zu schließenden Hilfevertrag ›nein‹ sagen, noch, zweitens, seinen ›Dienstleister‹ einfach wechseln, der überdies, drittens, über repressive Instrumente zur Vertragserfüllung verfügt. Zur Problematik der Dienstleistungsorientierung in der Sozialen Arbeit vgl. statt anderer May (1997), Schaarschuch (1996, 1999).

17 Mit dem Begriff ›Beschäftigungsfähigkeit‹ werden die Fähigkeiten einer Person beschrieben, "auf der Grundlage ihrer fachlichen und Handlungskompetenzen, Wertschöpfungs- und Leistungsfähigkeit ihre Arbeitskraft anbieten zu können und damit in das Erwerbsleben eintreten zu können, ihre Arbeitsstelle zu halten oder, wenn nötig, sich eine neue Erwerbsbeschäftigung zu suchen" (Blancke, S. et al.; zit. nach: Brütt 2003: 652).

18 Für einen Überblick über die Debatte vgl. stellvertretend Herkommer (1999), Kronauer (2002), Pilgram/Steinert (2000).

19 "Teilzeitarbeit und geringfügige Arbeit sind besser als gar keine Arbeit", so Schröder und Blair in ihrem als "Anstoß zur Modernisierung " der Sozialdemokratie in Europa gedachten Papier, weswegen sie auch "erwarten [Â…], daß jeder die ihm gebotene Chance annimmt" (Schröder/Blair 1999: 9, 10).

20 Nachdem mit dem ersten, bis zum Jahr 1998 reichenden Armuts- und Reichtumsbericht des Jahres 2001 erstmalig regierungsamtlich die "Existenz von Armut, Unterversorgung und sozialer Ausgrenzung in einem wohlhabenden Land wie der Bundesrepublik Deutschland" (BT-Drs. 14/5990: 25) anerkannt wurde, liefert nunmehr auch der ihm folgende zweite, die zeitliche Spanne von 1998 bis zum "aktuellen Rand [d. i. 2003; M. W.]" (BT-Drs. 15/5015: 11) umfassenden Armuts- und Reichtumsbericht des Jahres 2005 Belege dafür, daß die Einkommensarmut a) weiter gewachsen und b) unter Arbeitslosen am weitesten verbreitet ist und daß sie c) mit großen Risiken der sozialen Ausgrenzung einhergeht (vgl. ebd.: passim).

21 Vgl. hierzu ferner vor allem Buestrich, Wohlfahrt (2005), Hansen (2005) sowie Reis et al. (2003).

22 Es werden drei Rollen bzw. Funktionen unterschieden, die von der Person des Case-Managers ein- bzw. wahrgenommen werden: in der Rolle des ›advocate‹ die anwaltliche Funktion, in der des ›broker‹ die vermittelnde Funktion und in der des ›gate keeper‹ die selektierende Funktion; vgl. hierzu näher Ewers (2006: 25 ff.).

23 Als grundlegend für die Frage, wie sich die Formen von Hilfe mit der Veränderung der primären gesellschaftlichen Differenzierungsform von den segmentär über die stratifikatorisch zu den funktional differenzierten Gesellschaften hin wandeln, darf immer noch Luhmann (1975) gelten; vgl. hierzu ferner Bommes/ Scherr (2000: 88 ff.), Sahle (1987: 4 ff.), Weber, Hillebrandt (1999: 56 ff.).

24 "Sofortangebot" meint die Unterbreitung eines Stellenangebots unmittelbar bei Antragstellung, und dies obwohl § 3 II SGB II eindeutig regelt, daß (bei unter 25jährigen Antragstellern) Vermittlungsangebote in Arbeit, Ausbildung oder Arbeitsgelegenheit nicht vor oder statt, sondern erst nach Antragstellung zu unterbreiten sind.

25 Der von Mitarbeitern des Landesarbeitsamtes Nordrhein-Westfalen geprägte Begriff "Verfolgungsbetreuung" thematisiert den Sachverhalt der gezielten und absichtsvollen Ausgrenzung hilfebedürftiger Arbeitsloser aus dem Leistungsbezug: "Konkret bedeutet das, jede mögliche und unmögliche Gelegenheit zur Verhängung einer Sperrzeit wird genutzt. Der Druck auf die Arbeitslosen macht auch vor den Kolleginnen und Kollegen in den Ämtern nicht halt. Es werden Hitlisten eingerichtet, mit dem Ziel, zu schauen, wer in welcher Zeit wie viele Sperrzeiten verhängt hat." (Küster et al. 2003: 2) Ziel dieser Selbstkritik ist jedoch weniger das individuelle Verhalten des Fachpersonals als vielmehr die von der Bundesagentur für Arbeit verfolgte Politik, mittels "massive[m] Druck" ihre Mitarbeiter zu zwingen, "an der Grenze der gesetzlichen und moralischen Legalität, gegen Arbeitslose vorzugehen, allein mit dem Ziel, ihnen die finanzielle Lebensgrundlage zu kürzen oder zu sperren" (ebd.: 3).

26 Man kann sowohl den von der damaligen rotgrünen Bundesregierung handverlesenen Experten aus der dem "Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit" zur Seite gestellten Benchmarking-Gruppe als auch den beiden an der Hartz-Kommission beteiligten wissenschaftlichen Mitgliedern unterstellen, daß sie über hinreichende Kenntnis sowohl hinsichtlich des tatsächlichen Ausmaßes von Sozialleistungsmißbrauch (siehe Anm. 29) als auch bezüglich der aus politischem Kalkül inszenierten Debatten über selbigen (vgl. Oschmiansky 2003) verfügen.

27 Des Mißbrauchs bezichtigt werden jedoch nicht nur die Arbeitslosen, sondern auch die als "Helfershelfer" und "windige Ratgeber" (BMWA 2005: 19, 22) titulierten Berater, die, wie z. B. Roth, Thomé (2005), es sich zur Aufgabe gemacht haben, Hilfesuchenden in prekären materiellen Lebenslagen wie Arbeitslosigkeit oder Armut durch Information und Beratung zu ihrem Recht zu verhelfen.

28 "Aber Sprache dichtet und denkt nicht nur für mich, sie lenkt auch mein Gefühl, sie steuert mein ganzes seelisches Wesen, je selbstverständlicher, je unbewußter ich mich ihr überlasse. [Â…] Worte können sein wie winzige Arsendosen: sie werden unbemerkt verschluckt, sie scheinen keine Wirkung zu tun, und nach einiger Zeit ist die Giftwirkung doch da." (Klemperer 1969: 23)

29 Sowohl ältere international vergleichende wie auch neuere nationalstaatlich fokussierte empirische Untersuchungen zur Problematik des Mißbrauchs von Sozialleistungen zeigen, daß, hoch gegriffen, nur fünf von 100 Transferleistungsempfängern diese unrechtmäßig bezogen (vgl. Henkel, Pawelka 1981; Trube 2003: 195) und daß Sozialhilfeempfänger, entgegen dem Stereotyp, faule Sozialschmarotzer zu sein, sich auch durch Annahme gering entlohnter Tätigkeiten darum bemühen, ihre materielle Situation zu verbessern und unabhängig von staatlichen Zuwendungen zu werden (vgl. Gebauer et al. 2002: passim).

30 Eine Idee, der sich auch der Ombudsrat anscheinend im gleichen Sinne verpflichtet sieht, wenn man seinem Internetauftritt Glauben schenken will, in der er auf der eigenen Startseite die Internetenzyklopädie Wikipedia zustimmend zur Erklärung des Begriffes ›Ombud‹ bemüht (vgl. Ombudsrat 2006).

31 So allen voran Herrrmann Rappe, seines Zeichens SPD-Bundestagsmitglied und ehemaliger Vorsitzender der IG-Bergbau, Chemie und Energie, der sich für eine deutlich stärkere Kontrolle der Arbeitslosengeld- II-Bezieher ausgesprochen hatte, weil sich anders der zunehmende Mißbrauch nicht eindämmen lasse (vgl. ots 2005).

32 Sozialpolitik kann begriffen werden als politisch institutionalisierte Reaktion auf das für kapitalistischmarktförmige Gesellschaften stets prekäre Problem der gesellschaftlichen Verallgemeinerung des Lohnarbeitsverhälnisses, das zwei Seiten umfaßt: zum einen die Sicherstellung jenes Kommodifizierung genannten Prozesses, durch den menschliche Arbeitskraft zur Ware und damit zum Gegenstand des Tausches Arbeitskraft gegen Lohn auf einem eigens dafür vorgesehen Markt, dem Arbeitsmarkt, wird, zum anderen die Sicherstellung jenes De-Kommodifizierung genannten Prozesses, durch den a) die Marktgängigkeit von Arbeitskraft beständig aufrechterhalten bzw. wiederhergestellt wird und durch den b) dem Verkaufszwang von Arbeitskraft wegen vorübergehender oder dauerhafter Entbehrlichkeit (z. B. Arbeitslosigkeit, Alter) oder wegen anderweitigen gesellschaftlichen Bedarfs (z. B. Aufzucht) selektiv institutionelle Grenzen gesetzt werden. Da dies jeweils mit Mitteln und in Formen und Ausmaßen erfolgt, die den Wandlungen der politischökonomischen Rahmenbedingungen geschuldet sind, bedeutet dies, daß sich Sozialpolitik in Wellen der Kommodifizierung, De- Kommodifizierung und Re-Kommodifizierung (vgl. hierzu den Überblick bei Lessenich 1999) bewegt.

33 Vgl. hierzu Castels (2000: 336 ff.) scharfsinnige Analyse der modernen Lohnarbeitsgesellschaft, in der eindringlich die destabilisierenden Rückwirkungen aufgezeigt werden, die von der sich zunehmend ausbreitenden "Zone der Verwundbarkeit ", also der Prekarität, und der "Zone der Entkoppelung", sprich der sozialen Ausgrenzung, auf die "Zone der Integration ", d. h. den Kern der Arbeitsgesellschaft, ausgehen und das Fundament der gesellschaftlichen Integration zu zersetzen drohen.

34 Ihren Namen trägt die Eingliederungs›vereinbarung‹ allerdings zu Unrecht, weil der hilfesuchende Arbeitslose mangels realer Wahlmöglichkeiten einem sanktionsbewehrten Kontrahierungszwang unterliegt, so daß von einer "›Vereinbarung‹ im Schatten der Macht" (Berlit 2003: 205) gesprochen werden muß, die zudem gegen das Grundgesetz verstößt, da sie "unverhältnismäßig in die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Vertragsfreiheit" (ebd.) eingreift.

35 Daß der Zusammenhang von bürgerlichen, politischen und sozialen Grundrechten unauflösbar ist, können wir spätestens seit Marshall (1992) wissen.

36 Die Phrase wird fälschlicherweise Altbundeskanzler Helmut Kohl zugeschrieben, ist aber bereits zuvor von Günter Gaus gebraucht worden.







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