Sonntag, 7. September 2014

Nachruf auf den Präsidenten des Ifo Instituts Karl Heinrich Oppenländer, ein Opfer des Neoliberalismus

 
Nachruf auf den Präsidenten des Ifo Instituts Karl Heinrich Oppenländer,
ein Opfer des Neoliberalismus
 
von Gerd Elvers
 
[via scharf-links.de]
 

Am 29. August 2014 ist der ehemalige Präsident des Ifo Instituts Karl Heinrich Oppenländer* verstorben. An seinem Schicksal lässt sich der Niedergang der fortschrittlichen bürgerlichen Nationalökonomie im Würgegriff des Neoliberalismus dokumentieren.

Er war der praktischen Konjunkturforschung verschrieben. In dem Bemühen wirklichkeitsnah zu sein, galt sein Interesse volkswirtschaftlichen Modellen, die möglichst nahe die Wirklichkeitsnähe abbildeten. Die neoliberalen Ideologie zählte nicht dazu.

Mit geprägt hat ihn dabei sein Kapitalismus-kritischer Doktorvater Erich Preiser, nicht im marxistischen Duktus, wohl aber im Erbe der fortschrittlichen bürgerlichen Nationalökonomie als Alternative zum Neoliberalismus. Sein Hauptwerk ist „Die moderne Wachstumstheorie. Eine kritische Untersuchung der Bausteine der Gleichgewichtskonzeption und der Wirklichkeitsnähe".

Seine besondere Aufmerksamkeit galt dabei dem Modell von Nicholas Kaldor, der die in anderen Modellen getrennten Angebots- und Nachfragekomponenten zu einem logischen System verband.

Im Gedächtnis geblieben ist mir als ehemaliges Kuratoriumsmitglied des Ifo  Instituts der methodische Ansatz, im Erbe des „ökonomischen Tableaus" des Physiokraten Francois Quesnay, das Karl Marx als den genialsten Einfall der Ökonomie bezeichnete und in seinem erweiterten Reproduktionsschema anwandte, eine dynamische volkswirtschaftliche Gesamtrechnung zu entwerfen.

Obwohl erfolgreich in seinen Konjunkturanalysen passte die ökonomische Ausrichtung von Oppenländer  nicht in die Zeit des neoliberalen Triumphs.  Es war der Wissenschaftsrat, das wichtigste wissenschaftspolitische Beratungsgremium der Bundes- und Länderregierungen, der in seiner „Evaluierung" des Ifo Instituts diesem die Vernachlässigung der akademische wissenschaftlichen Forschung vorwarf.

In Wirklichkeit ging es nicht um die Vernachlässigung, sondern darum, dass den marktradikalen Vertretern die Richtung der wissenschaftlichen Forschung nicht passte.  Der Wissenschaftsrat war sich nicht für eine ideologische Flurbereinigung zu schade.

Oppenländer resignierte, zutiefst gekränkt. Seine Kränkung muss noch gewachsen sein, als er sehen musste, wie sein Nachfolger Hans Werner Sinn personell und inhaltlich einen totalen Kurswandel im Institut vollzog und sich zu einem lauten und demagogischen Sprachrohr des Neoliberalismus machte.

Blind auf die Marktmächte vertrauend, konnte er die Finanzkrise 2008 nicht erfassen. Sein Versagen in der Kernkompetenz des Instituts, der Konjunkturanalyse, hindert ihn aber nicht, nach wie vor seine Predigermission für den Neoliberalismus marktschreierisch auszuüben.

* https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Heinrich_Oppenl%C3%A4nder


VON: GERD ELVERS



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