Die natürlichen Verleumder der Armen
[via Nachdenkseiten]
Die Schlagzeile, Ärztepräsident Montgomery hätte erklärt, armen Menschen gehe es in Deutschland aus medizinischer Sicht schlechter als denen, die nicht unter Armut litten, klang vielversprechend. Immerhin hatte der Mann tags zuvor klargestellt, dass er ein Gesundheitswesen, in dem alle dieselbe Versorgung erhielten, für "sozialistischen Einheitsbrei" erachte.
Letztlich kehrte Montgomery inhaltlich nicht um, sondern unterstrich seine elitäre Attitude. Denn es seien vor allem Tabak, Alkohol und Fettleibigkeit, die arme Menschen früher sterben ließen. Genau dort bestehe Handlungsbedarf. Es war also kein progressiver Impuls, der den Ärztepräsident anleitete, sondern die elitäre Überheblichkeit, bei Unterschichten würde es sich größtenteils um fette Säufer und dicke Raucher handeln.
Dass arme Menschen grundsätzlich rauchen und saufen ist die Wahrheit, auf die sich die Eliten in diesem Lande vereinbaren konnten.
Auf dieser Grundlage stutzte man den Regelsatz der Sozialhilfe und vor einiger Zeit sprach sich Steinbrück gegen eine Kindergelderhöhung aus, damit dieses nicht in Zigarettenschachteln investiert würde.
Die Enthaltungsbewegungen des 19. Jahrhunderts waren die Wegbereiter. Sie schrieben sich die Abstinenz aufs Panier; die Prohibition sollte dann ihr größter politischer Erfolg werden.
Die Inszenierung war schon damals eine vom frömmelnden Bildungsbürgertum initiierte, die sich gegen die armen Geschöpfe aus dem Industrieproletariat richtete.
Quelle: ad sinistram
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