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ZusammenfassungHintergrund: Nach einer Tabakabstinenz in der Schwangerschaft fängt etwa die Hälfte der Frauen innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt wieder an zu rauchen. Bedingt durch mütterliches Rauchen sind 34 % der Kinder unter 5 Jahren Tabakrauch ausgesetzt. Gezeigt wird a) bei welchen Frauen eine Absicht zum Wiedereinstieg in das Rauchen besteht, b) inwieweit die Absicht zum erneuten Rauchen den Wiedereinstieg beeinflusst und c) welche Anlässe, erneut zu rauchen, die Frauen angeben. Methode: Vier Wochen nach der Geburt (T0) wurden 301 Frauen, die vor oder während der Schwangerschaft das Rauchen beendet hatten, zu Soziodemografie, Rauchverhalten und zur Absicht, jemals wieder zu rauchen, befragt. Von 285 Frauen wurden 6 Monate nach der Geburt (T1) der Rauchstatus und Anlässe für den Rückfall erhoben. Ergebnisse: Nach der Geburt beabsichtigten 13 % der Frauen, wieder mit dem Rauchen anzufangen. Frauen mit Rauchabsicht unterschieden sich nicht (p > 0,05) hinsichtlich soziodemografischer Merkmale von Frauen ohne Rauchabsicht. Von ihnen rauchten sechs Monate nach der Geburt signifikant mehr als von den Frauen ohne Rauchabsicht (68 % vs. 27 %, χ2 = 23,6; df = 1, p < 0,05, OR = 5,5). Konkrete Anlässe für den Rückfall nannten 50 %, dabei wurde am häufigsten Stress genannt. Diskussion: Mindestens jede zehnte Frau, die nach einer Geburt nikotinabstinent ist, beabsichtigt, wieder zu rauchen. Diese Frauen unterscheiden sich nicht von den Frauen ohne Absicht, wieder zu rauchen. Die Absicht ist prädiktiv für einen frühen Rückfall, jedoch beginnt auch ein Viertel der Frauen ohne Wiedereinstiegsabsicht wieder mit dem Rauchen. Nur etwa die Hälfte der rückfälligen Frauen konnte Anlässe für den Rückfall nennen. Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit proaktiver Interventionen zur Rückfallvermeidung. AbstractBackground: Following a successful period of nicotine abstinence during pregnancy approximately 50 % of all women relapse to smoking during the 6 months after delivery. About 34 % of all children are exposed to environmental tobacco smoke due to maternal smoking. The objectives of this study are: (a) which women postpartum intend to start smoking again, (b) how does the intention to resume smoking influence the smoking status after 6 months and (c) what are the individual reasons to start smoking again. Method: Four weeks after giving birth (T0) sociodemographic variables, smoking behaviour before pregnancy and the intention to resume smoking were assessed in a sample of 301 women who stopped smoking before or during pregnancy. Six months after giving birth (T1) 285 women answered questions regarding their smoking behaviour and reasons for relapse. Results: After giving birth 13 % of the women intended to start smoking again. There was no statistical difference between women intending to start and women not intending to start smoking again with regard to sociodemography and smoking behaviour (p > 0.05). Six months later of these significantly more women smoked compared to the women without intention to resume smoking (68 % vs. 27 %, χ2 = 23.6; df = 1, p < 0.05, OR = 5.5). Individual reasons to resume smoking were reported by 50 % of the women, stress being the most frequent reason. Discussion: At least one of ten women who were abstinent during the course of their pregnancy intends to start smoking again. They do not differ from women not intending to resume smoking. The intention to resume smoking has a predictive value for an early relapse, but also every fourth woman without intention resumes smoking. Just half of the women report a personal reason for relapsing. The results underline the need for proactive interventions for relapse prevention. SchlüsselwörterRauchen - Rückfall - Schwangerschaft - Geburt - post partum Key wordsSmoking - relapse - pregnancy - postpartum
AnmerkungDie vorliegende Arbeit wurde gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (Förderkennzeichen 01EB0120), das Sozialministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern sowie die Alfred Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung. EinleitungDie Exposition von Neugeborenen und Kleinkindern gegenüber Tabakrauch geht einher mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für verschiedene Erkrankungen. Kinder, die Tabakrauch in der Atemluft ausgesetzt sind, leiden häufiger unter akuten und chronischen Atemwegserkrankungen, Asthma, Allergien und Mittelohrentzündungen. Es besteht zudem ein Zusammenhang zwischen Passivrauchbelastung und plötzlichem Kindstod [1][2][3]. In Deutschland stellen etwa 49 % der Raucherinnen das Rauchen in der Schwangerschaft ein, etwa jede zweite dieser Frauen greift sechs Monate nach der Schwangerschaft wieder zur Zigarette [4]. Dies deckt sich mit Befunden nordamerikanischer Studien, nach denen die Hälfte bis zwei Drittel der Frauen, die im Verlauf der Schwangerschaft das Rauchen einstellten, innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt wieder rauchen [5][6]. In der Folge sind etwa 30 % der Mütter mit Kindern unter einem Jahr Raucherinnen [7][8]. Ungefähr die Hälfte aller Kinder unter 5 Jahren in Deutschland ist Tabakrauch in der Atemluft ausgesetzt, in 34 % der Fälle ist dies durch das Rauchen der Mutter mitbedingt [9]. Jede vierte stationäre Behandlung von Atemwegserkrankungen und Mittelohrentzündungen bei Kindern zwischen 0 und 4 Jahren ist auf die Exposition zu Tabakrauch zurückzuführen [10]. Zudem ist die Wahrscheinlichkeit, später selbst zu rauchen, bei Kindern rauchender Mütter erhöht [11]. Trotz der bekannten gesundheitlichen Risiken und der hohen Rückfallraten wird wenig unternommen, um Frauen, die das Rauchen während einer Schwangerschaft einstellen, dabei zu unterstützen, die Abstinenz auch nach der Schwangerschaft aufrecht zu erhalten [12]. Es wird angenommen, dass die Mehrheit der Frauen, die vor oder während der Schwangerschaft das Rauchen beendeten, dies tat, um Leben und Gesundheit des Ungeborenen nicht zu gefährden. Zudem besteht in dieser Zeit ein hoher sozialer Druck, als Schwangere nicht zu rauchen [12]. Einige Autoren gehen daher davon aus, dass es sich bei der Nikotinabstinenz während einer Schwangerschaft um ein nur zeitweilig ausgesetztes Verhalten, nicht aber um eine stabile Verhaltensänderung handelt [13]. Daraus ergibt sich die Frage, ob bei Frauen, die bis zur Geburt ihres Kindes nikotinabstinent sind, bereits eine bewusste Absicht zur Wiederaufnahme des Rauchens beobachtbar ist, die mit dem tatsächlichen Rückfallgeschehen korrespondiert. Die Kenntnis des Ausmaßes der Wiedereinstiegsabsicht und möglicher Gründe, die zu einem tatsächlichen Wiedereinstieg in das Rauchen führen, kann Grundlage für adäquate Maßnahmen zur Erhöhung der Abstinenzmotivation und Verringerung der Rückfallhäufigkeit bei Frauen nach der Geburt sein. Untersucht wird eine Stichprobe von Raucherinnen, die 4 bis 6 Wochen nach der Geburt ihres Kindes nikotinabstinent waren, bezüglich der folgenden Fragestellungen: a) Bei welchen Frauen besteht eine Absicht zum Wiedereinstieg in das Rauchen? b) Lässt sich prospektiv zeigen, dass die Mütter ihre Absicht zur Wideraufnahme des Rauchens realisieren bzw. dass die Wiederaufnahme geplant geschieht? c) Lassen sich retrospektiv Anlässe oder Gründe identifizieren, die in der Wahrnehmung der Mütter zum Rückfall in das Rauchen führten. MethodeDie untersuchte Stichprobe war eine Teilstichprobe der Studie "Rauchentwöhnung und Rückfallprophylaxe bei Frauen post partum", einer randomisiert kontrollierten Studie zum Vergleich einer Kontroll- mit einer Interventionsgruppe mit Nachfolgeerhebungen nach 6, 12, 18 und 24 Monaten [14][15]. In sechs Kliniken Mecklenburg-Vorpommerns konnten von insgesamt 3343 Wöchnerinnen, die innerhalb des Untersuchungszeitraumes registriert wurden, 2790 Frauen durch Studienpersonal angesprochen und bezüglich des Rauchens vor der Schwangerschaft befragt werden. Von diesen gaben 1128 (40,4 %) Frauen an, zu Beginn der Schwangerschaft geraucht zu haben. Alle Raucherinnen wurden um ihre Studienteilnahme gebeten und 871 (77,2 %) Frauen gaben hierzu ihr schriftliches Einverständnis. Sie wurden randomisiert der Kontroll- oder Interventionsgruppe zugeteilt. Vier bis sechs Wochen nach der Geburt konnten noch 644 Frauen für die detaillierte Erstbefragung (T0) erreicht werden. Das sind 57,1 % aller Frauen, die angegeben hatten, vor der Schwangerschaft geraucht zu haben. Die Intervention für die Behandlungsgruppe bestand aus einer persönlichen Beratung 4 bis 6 Wochen nach der Geburt sowie zwei telefonischen Nachberatungen 4 und 12 Wochen später nach Prinzipien der Motivierenden Gesprächsführung [16][17]. Von 642 (73,7 %) Frauen lagen verwertbare Angaben zur Soziodemografie und zum Rauchverhalten aus der Erstbefragung (T0) vor. Die Anzahl vor der Schwangerschaft gerauchter Zigaretten sowie ein Index für die Schwere der Nikotinabhängigkeit vor der Schwangerschaft wurden retrospektiv anhand der deutschen Übersetzung des Fagerström Test for Nicotin Dependence (FTND) [18] bestimmt. Einschlusskriterien für die folgenden Analysen waren: 1. das Bestehen einer Nikotinabstinenz zum Zeitpunkt der Erstbefragung 4 bis 6 Wochen nach der Geburt (T0) und 2. die Beantwortung der Frage nach der Absicht, wieder mit dem Rauchen zu beginnen. Es gaben 313 Frauen an, in den 4 Wochen vor der Erstbefragung (T0) nicht geraucht zu haben. Diese Frauen wurden gefragt "Haben Sie vor, jemals wieder mit dem Rauchen zu beginnen?". Die Frage wurde von 36 Frauen mit "ja" beantwortet. Hinzu kamen 3 Frauen, die die Frage offen ließen, aber angaben, nach dem Stillen wieder rauchen zu wollen, 262 Frauen gaben an, nicht wieder mit dem Rauchen beginnen zu wollen. Nach Ausschluss von 12 Frauen, die keinerlei Angabe zur Wiedereinstiegsabsicht machten, fanden insgesamt 301 Frauen Eingang in die folgenden Analysen. Zur Nachbefragung (T1) 6 Monate nach der Geburt konnten von den 301 Frauen, die die Einschlusskriterien erfüllt hatten, 285 (94,7 %) erneut zum Rauchstatus befragt werden. Diejenigen Frauen, die zu diesem Zeitpunkt wieder mit dem Rauchen angefangen hatten, wurden retrospektiv gefragt, ob es dafür einen bestimmten Anlass gegeben hatte und erhielten die Möglichkeit, diesen in einem offenen Antwortformat zu nennen. Die Auswertung dieser Aussagen erfolgte durch die Zusammenfassung der Nennungen zu inhaltlich konsistenten Kategorien durch zwei Beurteiler. ErgebnisseAbsicht zum Wiedereinstieg in das RauchenVon 301 Frauen bekundeten 39 (13,0 %) zum Zeitpunkt der Erstbefragung eine Absicht, wieder mit dem Rauchen zu beginnen. Es zeigten sich keine statistisch bedeutsamen Unterschiede zwischen den Frauen mit und den Frauen ohne Wiedereinstiegsabsicht in den untersuchten soziodemografischen Variablen sowie den Angaben zum Rauchverhalten (Tab. [1]). ![]() Zusammenhang zwischen Wiedereinstiegsabsicht und späterem RauchstatusZum Zeitpunkt der Nacherhebung (T1) gaben von den insgesamt 285 erneut befragten 93 (32,6 %) Frauen an, wieder Zigaretten zu rauchen. Während von 37 Frauen aus der Gruppe mit Wiedereinstiegsabsicht 67,6 % rückfällig wurden, waren dies aus der Gruppe der 248 Frauen, die nicht wieder anfangen wollten, mit 27,4 % signifikant weniger (χ2 = 23,6; df = 1, p < 0,001) (Tab. [2]). Für den Zusammenhang zwischen Wiedereinstiegsabsicht und einem Rückfall innerhalb von 6 Monaten ergab sich eine mittlere Effektstärke von w = 0,29 nach Cohen [19]. Die Wahrscheinlichkeit für einen Rückfall ist bei den Frauen mit Rauchabsicht mehr als fünf mal höher als bei den Frauen ohne die Absicht, wieder zu rauchen (odds ratio (OR) = 5,52). Anschließend wurden Behandlungs- und Kontrollgruppe gesondert betrachtet. In beiden Gruppen ergaben sich ähnliche Effektgrößen für den Zusammenhang zwischen Wiedereinstiegsabsicht und späterem Rückfall (w = 0,28 in der Interventionsgruppe, w = 0,29 in der Kontrollgruppe). ![]() Anlässe für den Wiedereinstieg in das RauchenVon den Raucherinnen beantworteten 46 (49,5 %) die Frage, ob es einen Anlass für den Wiedereinstieg gegeben habe, mit "ja", 40 (43,0 %) mit "nein", 7 (7,5 %) Frauen ließen die Frage offen. Ein Vergleich der Frauen mit vs. ohne Absicht zum Wiedereinstieg erbrachte keinen signifikanten Unterschied (Tab. [3]). ![]() Einen Anlass für den Wiedereinstieg in das Rauchen nannten im offenen Antwortformat 39 (41,9 %) der rückfälligen Frauen, 7 Frauen (7,5 %) machten zwei Angaben. Die insgesamt 53 Nennungen wurden zu fünf Kategorien (Stressbewältigung, Soziale Situation, Beenden des Stillens, Belastendes Ereignis, Sonstiges) zusammengefasst und getrennt für die Gruppen ohne vs. mit Wiedereinstiegsabsicht aufgeführt (Tab. [4]). Am häufigsten erfolgten Nennungen zur Kategorie Stressbewältigung (n = 17). Zu den Sozialen Situationen wurden 13 Angaben gerechnet, vor allem gesellige Anlässe und das Rauchen im sozialen Umfeld. Das Beenden des Stillens wurde von zehn Frauen als Anlass genannt und viermal wurde ein belastendes Ereignis angeführt. Keiner der genannten Kategorien zuordenbar waren neun Nennungen, die unter Sonstiges zusammengefasst wurden. ![]() DiskussionMehr als jede zehnte Frau, die durch die Schwangerschaft bedingt eine mehrmonatige Nikotinabstinenz aufweist, gibt an, wieder mit dem Rauchen beginnen zu wollen. Somit scheint sich die Vermutung, dass Frauen das Rauchen ganz bewusst nur zeitweilig, für den Zeitraum der Schwangerschaft und ggf. des Stillens, aussetzen, für eine Minderheit zu bestätigen. Soziodemografische Merkmale, das Rauchverhalten vor der Schwangerschaft und das Rauchverhalten des Partners geben keine eindeutigen Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei diesen Frauen hinsichtlich der untersuchten Merkmale um eine spezielle Subgruppe handelt, die gesonderter Aufmerksamkeit bei Präventionsbemühungen bedarf. Die zweifelsfreie statistische Absicherung dieses Befundes erfordert jedoch die Untersuchung einer größeren Stichprobe. Die in der Befragung von der Mehrheit der Frauen bekundete Absicht, nicht wieder rauchen zu wollen, zeigt, dass Schwangerschaft für die meisten der Beginn für einen dauerhaften Rauchverzicht sein kann. Eine andauernde Abstinenz erscheint nach der Geburt vorstellbar bzw. wünschenswert. Allerdings gilt das Rauchen von Müttern mit Kleinkindern als sozial unerwünscht, sodass ein Einfluss auf das Antwortverhalten im Hinblick auf eine leichte Überschätzung des Anteils der Frauen mit tatsächlicher Abstinenzabsicht nicht ausgeschlossen werden kann. Sechs Monate nach der Geburt liegt der Anteil rauchender Frauen unter denen, die nach der Geburt den Wiedereinstieg bereits beabsichtigt hatten, bei über zwei Dritteln. Somit ist festzuhalten, dass Frauen, die das Rauchen bewusst nur zeitweilig einstellen, mehrheitlich innerhalb der ersten sechs Monate nach der Geburt wieder mit dem Rauchen beginnen. Die Absicht, wieder mit dem Rauchen zu beginnen, ist demnach prädiktiv dafür, bei welchen Frauen mit einem frühen Rückfall zu rechnen ist. Weniger eindeutig ist dies bei der Äußerung, nicht wieder mit dem Rauchen beginnen zu wollen. Sie ist kein verlässlicher Anhaltspunkt dafür, dass Frauen tatsächlich abstinent bleiben, denn auch ein Drittel dieser Frauen ist entgegen der bekundeten Abstinenzabsicht bereits innerhalb von sechs Monaten rückfällig geworden. Dies bedeutet, dass alle Frauen, die in der Schwangerschaft die Abstinenz erlangt haben, von Maßnahmen zur Rückfallprophylaxe nach der Geburt profitieren könnten. Daher sollte in Forschung und Praxis zukünftig, zusätzlich zu den Bemühungen um Interventionen während der Schwangerschaft, verstärkt Aufmerksamkeit auf die Rückfallprävention nach der Schwangerschaft gelenkt werden. Konkrete Anlässe für die Rückfälle wurden von den Frauen kaum berichtet. Zum einen nahm etwa die Hälfte der Rückfälligen keinerlei nennenswerten Anlass für das erneute Rauchen wahr. Zum anderen ergab die Kategorisierung der von den übrigen Frauen genannten Anlässe, dass nur eine geringe Bandbreite von konkreten Ereignissen als Auslöser für einen Rückfall existiert. Am häufigsten wurde allgemeines Stresserleben beschrieben, ebenso wie gesellige Anlässe, bei denen die Frauen mit Rauchern im sozialen Umfeld konfrontiert werden. Nennungen des Abstillens als Anlass, wieder zu rauchen, beschreiben hingegen eher den Zeitpunkt, zu dem sich die Frauen das Rauchen wieder erlauben. Ein statistischer Vergleich der Häufigkeit genannter Anlässe zwischen Frauen mit und ohne Wiedereinstiegsabsicht erschien aufgrund der wenigen Nennungen nicht sinnvoll. Auffällig erscheint aber, dass für Frauen, die eigentlich nicht wieder rauchen wollten, positive soziale Anlässe einen starken Anreiz zum Rauchen darstellten. Für diese kann daher angenommen werden, dass nicht der intentionale Prozess sondern bestehende Verführungssituationen mit der Wiederaufnahme des Rauchens verbunden sind. Vermutlich verringert der Wegfall der direkten Gefährdung des Kindes durch das Rauchen, die während der Schwangerschaft bzw. des Stillens ein starker Anlass für die Abstinenz war, die Motivation, den Versuchungssituationen zu widerstehen. Diese Resultate lassen plausibel erscheinen, dass die Frauen über mögliche Schädigungen des Ungeborenen eher gut, über die Schädigung des Neugeborenen durch die Exposition zu Tabakrauch in der Atemluft dagegen weniger gut informiert sind. Das lässt die Forderung nach Interventionen bei Müttern von Kleinkindern erheben, die verstärkt Informationen über die Vulnerabilität der Kleinkinder einbeziehen. Eine Beschränkung der Untersuchung besteht darin, dass der Rauchstatus der Frauen vier Wochen nach der Geburt sowie sechs Monate später durch Selbstaussagen erhoben wurde, die nicht biochemisch validiert wurden. Die Prävalenzen des Rauchens korrespondieren jedoch mit Angaben anderer epidemiologischer Studien und die Interviews wurden nicht durch dieselben Personen durchgeführt wie die Beratungen, sodass nicht von einem substanziellen Einfluss sozial erwünschter Antworten auszugehen ist. Aufgrund des Studiendesigns kann die Ausgangsstichprobe als repräsentativ für die Untersuchungsregion angesehen werden, da über 98 % aller Geburten in Krankenhäusern stattfinden [20] und zur Eingangsbefragung in den Geburtskliniken 83 % aller Wöchnerinnen erreicht wurden. Anhand der Angaben von Frauen, die bereits auf der Geburtsstation eine Teilnahme an der Studie ablehnten, konnte gezeigt werden, dass die Bereitschaft zur Studienteilnahme nicht systematisch mit dem Alter der Frauen oder dem Bestehen einer festen Partnerschaft variierte. Sie war jedoch etwas höher unter den Frauen mit höherer Schulbildung [14]. Zu der Befragung (T0) 4 bis 6 Wochen nach der Geburt wurden 26,3 % derjenigen Frauen, die ursprünglich ihr Einverständnis zur Studienteilnahme gegeben hatten, nicht erreicht. Da von diesen Frauen keine weiteren Angaben vorliegen, kann über eine mögliche systematische Selbstselektion keine Aussage getroffen werden. FazitInsgesamt unterstreichen die Ergebnisse die Notwendigkeit, Interventionen zur Rückfallvermeidung proaktiv anzubieten. Es ist unwahrscheinlich, dass sich Frauen, die nicht beabsichtigen, wieder mit dem Rauchen anzufangen, aktiv um professionelle Unterstützung für ihre bestehende Abstinenz bemühen, obwohl für sie das Risiko für einen Rückfall hoch ist. Frauen, die das erneute Rauchen beabsichtigen, setzten dies bald nach der Geburt um und werden ebenfalls keine Intervention von selbst nachfragen, die diesen Wiedereinstieg hinauszögern oder verhindern könnte. Proaktive präventive Maßnahmen, die zum Zeitpunkt nach der Geburt ansetzen, weisen günstige psychologische und situative Ausgangsbedingungen auf: 1. Wie gezeigt wurde, ist die Mehrheit der Frauen, die in der Schwangerschaft das Rauchen einstellten, auch nach der Geburt motiviert, weiterhin abstinent zu bleiben. 2. Die körperliche Abhängigkeit, als eine wesentliche Hürde bei der Abstinenzerlangung, ist überwunden. 3. Das Rauchverhalten ist nicht nur "zeitweilig ausgesetzt", sondern die Frauen haben während der Schwangerschaft zumeist eigene Bewältigungsstrategien für Versuchungssituationen entwickelt, erprobt, aktiv angewendet oder auch wieder verworfen. Auf diese Erfahrungen kann z. B. in einem Beratungsgespräch zurückgegriffen werden. 4. Gezeigt wurde auch, dass es sich bei den Auslösern für Rückfälle meistens nicht um unvermeidbare Einzelereignisse handelt sondern um Situationen, die erlernbare Bewältigungskompetenzen erfordern. 5. Die Frauen sind hoch sensibilisiert für die Gesundheit des Kindes. 6. Sie sind intensiv in die medizinische Versorgung im Rahmen der nachgeburtlichen Betreuung durch Hebammen und Gynäkologen und der U-Untersuchungen der Neugeborenen durch Kinderärzte eingebunden und somit für proaktive Präventionsprogramme leicht erreichbar. 7. Die Bereitschaft, sich mit dem Thema Rauchen unmittelbar nach einer Geburt auseinander zu setzen, erwies sich als sehr hoch [14]. Trotz dieser günstigen Ausgangslage wird der Rückfallprophylaxe bei Frauen, die das Rauchen für eine Schwangerschaft einstellten, bislang wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Ziel sollte es daher sein, den Zeitraum unmittelbar nach einer Geburt verstärkt zu nutzen, um alle betreffenden Frauen proaktiv anzusprechen, die Abstinenzmotivation zu erhöhen und Hilfen zur Vermeidung des Wiedereinstiegs in das Rauchen anzubieten. Literatur1 Cook , DG , Strachan . et al. Health effects of passive smoking-10: Summary of effects of parental smoking on the respiratory health of children and implications for research. Thorax 1999; 54 (4): 357-366 2 U.S. Department of Health and Human Services, Women and Smoking: A report of the Surgeon General. 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Kathrin Röske, Dipl.-Psych. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Dienstag, 9. März 2010
Warum Frauen nach der Geburt ihres Kindes wieder mit dem Rauchen anfangen (Das Gesundheitswesen)
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