Mittwoch, 24. März 2010

Falsche Vergütungssysteme für Manager tragen an der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise Mitschuld


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Petra Giegerich, 24.03.2010
12:15

Aktuelles System der Manager-Vergütung belohnt  extreme
Risikobereitschaft

Louis Velthuis schlägt vor dem Hintergrund der Finanzkrise Änderungen
bei Anreizsystemen für Manager vor, um Fehlanreize künftig zu
vermeiden

(Mainz, 24. März 2010, lei) Falsche Vergütungssysteme für Manager
tragen an der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise Mitschuld und
sollten dringend geändert werden, um weitere Fehlsteuerungen zu
vermeiden. Wie Univ.-Prof. Dr. Louis Velthuis, Professor für
Controlling an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, darstellt,
verleiten die jetzigen Anreizsysteme Manager vor allem in der
Bankenbranche dazu, hoch riskante Entscheidungen zu treffen, weil sie
dadurch mehr verdienen. "Ich halte es durchaus für richtig, dass
variable Vergütungsanteile gezahlt werden, die sich an dem Erfolg des
Unternehmens orientieren", erklärt Velthuis. "Die Anreize müssen aber
so gesetzt werden, dass nicht in unverhältnismäßig riskante Projekte
investiert wird, sondern in wertsteigernde Projekte mit adäquatem
Risiko." Zusammen mit Univ.-Prof. Dr. Thomas Pfeiffer von der
Universität Wien hat Velthuis Prinzipien für Management-
Vergütungssysteme entwickelt, die im Sinne einer gesunden
Unternehmenssteuerung sinnvolle Anreize gewährleisten. Ein zentraler
Vorschlag ist, die Renditeziele gemessen am Eigenkapital von derzeit
zehn auf vier bis fünf Prozent zu senken und eine Verlustbeteiligung
einzuführen.

Ausgangspunkt der Finanz- und Wirtschafskrise waren US-
Hypothekenkredite, die an Schuldner mit schlechter Bonität vergeben
worden waren. Doch erst die Umwandlung dieser Kredite in handelbare
Wertpapiere setzte das Karussell auf internationalem Parkett in Gang.
Die Investition in undurchsichtige Risikogeschäfte versprach zunächst
hohe Renditen. Tatsächlich aber gingen Investmentbanker weltweit damit
ein zu großes Wagnis ein. Velthuis erläutert aus ökonomischer Sicht,
inwieweit die gängigen Vergütungsmodelle für Manager dafür
mitverantwortlich waren.

"Die Anreizsysteme sind seit Jahren falsch", so Velthuis, der dazu
rät, den Anteil der variablen Entlohnung wieder zu senken. Bei den 30
größten deutschen, börsennotierten Unternehmen erhalten die Manager 30
Prozent ihres Einkommens als Festgehalt und 70 Prozent als
Bonuszahlung. In den USA ist das Verhältnis noch größer. Problematisch
ist allerdings, dass die Führungsriege ihr Anreizsystem selbst
gestaltet und es keine wirkliche Kontrollinstanz gibt, weshalb nach
Auffassung von Velthuis notfalls der Gesetzgeber einschreiten müsse.
"Manager brauchen Systeme, die zu richtigen Entscheidungen für das
Unternehmen führen, und nicht hauptsächlich Anreize, den eigenen
Verdienst zu maximieren."

Fehlanreize entstehen nach Auffassung des Mainzer
Betriebswissenschaftlers hauptsächlich aus drei Gründen: Insbesondere
die mangelnde Verlustbeteiligung bei der Managerentlohnung führe
zwangsläufig zur Überinvestition in riskante Projekte. Außerdem werde
bei der Bemessungsgrundlage für die Vergütung seit Jahren mit
Kapitalkosten von etwa zehn Prozent gerechnet - viel zu hoch, sagt
Velthuis über diese Größe, die der geforderten Verzinsung aus Sicht
des Geldgebers oder Shareholders entspricht und als "Werthürde"
bezeichnet wird. "Tatsächlich werden sogar Zielvorgaben von 20 und 25
Prozent ausgegeben, was einen noch stärkeren Anreiz setzt,
wertvernichtende statt wertsteigernde Projekte einzugehen."
Schließlich würden zudem operative Bereinigungen vorgenommen, um zum
Beispiel stillgelegte Geschäftsbereiche herauszurechnen - ein weiterer
Faktor, der die teilweise extreme Risikobereitschaft von Managern in
der Vergangenheit angekurbelt hat.

Er schlägt konkret vor, die Werthürden auf etwa vier oder fünf Prozent
zu verringern: "Kapitalkosten dürfen keine Risikoprämie beinhalten,
daher muss das Eigenkapital sozusagen billiger werden." Operative
Bereinigungen, die in Einzelfällen bis zu 50 Prozent betrugen, dürften
nicht dazu dienen, die Bemessungsgrundlage für die Manger-Vergütung
"schönzurechnen". Velthuis spricht sich grundsätzlich für eine
Managementhaftung aus, sodass sich eine negative Performance des
Unternehmens auch beim Einkommen auswirkt. Grundsätzlich, vor allem
aber bei Einführung einer Managementhaftung, müsse die
Bemessungsgrundlage für die Vergütung - wie erörtert -
anreizkompatibel gestaltet sein, fordert Velthuis. Sonst würden
Manager zu wenige Risiken eingehen und es drohe die Gefahr der
Unterinvestition.

Publikation:
Pfeiffer, T. and L. Velthuis. 2009. Incentive system design based on
accrual accounting: A summary and analysis. Journal of Management
Accounting Research (21): 19-53.

Kontakt und Informationen:
Univ.-Prof. Dr. Louis Velthuis
Professor für Controlling
Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Tel. 06131 39-23780
Fax 06131 39-23727
E-Mail:
controlling@uni-mainz.de

Arten der Pressemitteilung:
Forschungsergebnisse
Forschungs- / Wissenstransfer

Sachgebiete:
Politik
Recht
Wirtschaft

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.controlling.bwl.uni-mainz.de


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Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
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