Samstag, 27. März 2010

(...) Geburtseinleitung durch Geschlechtsverkehr; Die Hebamme; 2009; Volume 22; Heft 4


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Fragen aus der Praxis
Hebamme 2009; 22: 264
DOI: 10.1055/s-0029-1243153

© Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG
 
 
Fragen aus der Praxis: Geburtseinleitung durch Geschlechtsverkehr
 
 

Literatur
 
 
 

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Frage

Wir haben uns kürzlich im Unterricht mit dem Thema "Geburtseinleitung" beschäftigt. Dabei kam die Frage auf, ob eine übertragene bzw. eine Schwangerschaft bei Terminüberschreitung durch Geschlechtsverkehr "eingeleitet" werden kann. Diesen Tipp kennen wir auch aus der Praxis. - Gibt es eine medizinische Begründung für diesen Praxistipp?

Katharina Böttger, Magdeburg

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Antwort

Es gibt zahllose Hinweise, dass durch Geschlechtsverkehr eine Geburtseinleitung möglich ist. In der Literatur gibt es dazu jedoch kaum geeignete Studien, die den Effekt auch zahlenmäßig gut belegen können. Eine prospektiv randomisierte Untersuchung wird es zu diesem Thema sehr wahrscheinlich nie geben. Man kann ja auch schwer mit dem Würfel entscheiden lassen, wer Geschlechtsverkehr haben soll und wer nicht.

Eine Cochrane-Analyse aus dem Jahr 2001 [1] kam aufgrund der geringen Fallzahlen der Studien zu keinem eindeutigen Ergebnis.

In einer prospektiven Untersuchung von Tan [2] konnte ein positiver Effekt auf den Geburtsbeginn gefunden werden. In der Studie wurden die Ergebnisse von 200 Schwangeren ausgewertet. Die Frauen führ­ten ein Tagebuch über den Geschlechtsverkehr ab 36 + 0 SSW. Schwangere mit Geschlechtsverkehr hatten eine geringe, jedoch signifikant kürzere Gesta­tionszeit (39 + 3 versus 39 + 9 SSW). In der Gruppe mit Geschlechtsverkehr musste seltener mit 41 SSW eingeleitet werden. Die größte Anzahl der Geburten fand 2 Tage nach dem Geschlechtsverkehr statt. Das Problem bei dieser Untersuchung ist aber, dass der Zervixbefund beim Einschluss in die Studie nicht bekannt war.

Für die Weheninduktion wird der Prostaglandin-Gehalt in der Spermaflüssigkeit verantwortlich gemacht.

Bei einem Spermavolumen von 4 ml beträgt der Prostaglandin-Gehalt pro Ejakulation etwa 12-16 µg. In einer Tablette ­Cytotec® sind 200 µg Prostaglandin E1 enthalten, das bedeutet, dass man mindestens 16-mal Geschlechtsverkehr haben müsste, um diese Dosierung zu erreichen. Eine ­Dosierung von einer viertel Tablette Cytotec® (häufige Anfangsdosierung) mit 50 µg ist allerdings schon mit einer Koitus­frequenz von 4 zu erreichen.

Im Prostaglandin-Gel sind 0,5 mg Prostaglandin E2 enthalten (1mg = 100µg). Das entspricht etwa einer Koitushäufigkeit von 41. Wahrscheinlich nimmt der Spermagehalt nach einer erhöhten Koitusfrequenz ab und es ist daher eine deutliche höhere Anzahl erforderlich.

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Fazit

Auf der Grundlage des heutigen Wissens kann folgender Schluss gezogen werden:

Geschlechtsverkehr scheint die Schwangerschaftsdauer in Terminnähe um wenige Tage zu verkürzen. Es ist jedoch ­davon auszugehen, dass die meisten ­Männer deutlich überfordert wären, wenn sie mit Geschlechtsverkehr die in den künstlichen Prostaglandin-Präparaten vorhandene Prostaglandin-Dosierung erreichen wollten.

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Literatur

1 Kavanagh J, Kelly AJ, Thomas J. Sexual intercourse for cervical ripening and induction of labour. Cochrane Database Syst Rev 2001; 2: CD003093. Review

2 Tan PC, Andi A, Azmi N, Noraihan MN. Effect of coitus at term on length of gestation, induction of labor, and mode of delivery. Obstet Gynecol 2006 Jul; 108 (1): 134-40

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Anschrift des Autors:

Prof. Dr. Franz Kainer
Leiter des Perinatalzentrums
Klinikum Innenstadt MLU
Maistr. 11
80337 München

Posted via email from Beiträge von Andreas Rudolf

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