Freitag, 25. Mai 2012

--->>> Aufarbeitung: Tagungsband "Anatomie im Nationalsozialismus" erschienen [via idw]


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Universitätsklinikum Jena, Dr. Uta  von der Gönna, 24.05.2012 15:36

Aufarbeitung: Tagungsband "Anatomie im Nationalsozialismus" erschienen

Deutsche Anatomen waren direkt oder indirekt in die Gewaltherrschaft der
Nationalsozialisten einbezogen. Sie übernahmen Tausende von Leichnamen von
NS-Opfern zur "Nutzung" in der anatomischen Forschung und Lehre. Diese
Verstrickung war Thema einer internationalen Tagung der Anatomischen
Gesellschaft in Würzburg im Oktober 2010. Beiträge zu dieser Tagung sind
jetzt in einem Sonderheft der Fachzeitschrift  "Annals of Anatomy"
erschienen.

Die Publikationen stammen nicht nur von Anatomen, Medizinhistorikern und
Historikern aus Deutschland, sondern auch aus Großbritannien, Israel und
den USA. Gast-Herausgeber des Sonderheftes sind zwei Experten auf dem
Gebiet, Dr. Sabine Hildebrandt, eine Anatomin deutscher Abstammung, die an
der University of Michigan lehrt, und Prof. Dr. Dr. Christoph Redies,
Leiter des Instituts für Anatomie I der Universität Jena.

Mehrere Beiträge zu dem Sonderheft beleuchten die Rolle deutscher Anatomen
bei der Nutzung von Leichnamen hingerichteter Personen, die Opfer der NS-
Unrechtsjustiz wurden. Beispielhaft wird diese Problematik für die
Universitäten Gießen, Göttingen, Halle/Saale, Jena und Würzburg
beschrieben. "Es ist davon auszugehen, dass es an fast allen anatomischen
Instituten des Deutschen Reichs ähnliche Vorkommnisse gab", so Christoph
Redies, der die Geschichte des Anatomischen Instituts in Jena während des
Dritten Reiches dokumentierte. Andere Beiträge befassen sich mit der
Frage, wie bis in die jüngste Vergangenheit mit diesem dunklen Kapitel der
deutschen Anatomie-Geschichte und vor allem auch mit anatomischen
Präparaten, die aus der NS-Zeit stammen, umgegangen wurde.

"Der Band stellt die Erkenntnisse zusammen, die in Deutschland und im
Ausland in den letzten Jahren gewonnen wurden, und macht so auch die
Aspekte deutlich, die noch weiterer Forschungsarbeit bedürfen", betont
Sabine Hildebrandt. "Der neue, offene Umgang mit dem Thema unter den
deutschen Anatomen findet international Anerkennung."

Auch die Anatomische Gesellschaft selbst und diejenigen ihrer Mitglieder,
deren Leben und Karrieren vom nationalsozialistischen Regime unterbrochen
oder beendet wurden, sind Gegenstand des Sonderheftes. Die Anatomische
Gesellschaft, eine internationale wissenschaftliche Gesellschaft, die in
diesem Jahr ihr 125-jähriges Jubiläum feiert, bekennt sich mit diesem
Sonderheft zu ihrer Geschichte. Bereits in der Festschrift, die sie
anlässlich des Jubiläums herausgab, veröffentlichte sie eine Gedenkliste
der während des Nationalsozialismus verfolgten deutschen Anatomen.

Literatur:
S. Hildebrandt and C. Redies (Eds.) Anatomy in the Third Reich. Annals of
Anatomy, 2012, Vol. 194, Issue 3


Um das Sonderheft einer möglichst breiten Leserschaft zugängig zu machen,
hat der Elsevier-Verlag das Sonderheft für alle frei zugängig ins Internet
gestellt:
<
http://www.sciencedirect.com/science/journal/09409602/194>

Weitere Hintergrundinformationen auf der Homepage des Jenaer Instituts für
Anatomie:
<
http://www.anatomie1.uniklinikum-jena.de/SW5zdGl0dXQgZnVlciBBbmF0b21pZSBJIC0gR2VzY2hpY2h0ZQ%3D%3D.html>

Kontakt:
Prof. Dr. Dr. Christoph Redies
Institut für Anatomie I, Universitätsklinikum Jena
Tel.: 03641 / 938511
E-Mail: redies[at]mti.uni-jena.de

Dr. Sabine Hildebrandt
Division of Anatomical Sciences, University of Michigan
Tel.: +1 - 734 - 647-5427
E-Mail: shilde[at]umich.edu

Arten der Pressemitteilung:
Buntes aus der Wissenschaft
Wissenschaftliche Publikationen

Sachgebiete:
Geschichte / Archäologie
Gesellschaft
Medizin


Die gesamte Pressemitteilung erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/de/news479594

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1461


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