Mittwoch, 17. März 2010

--->>> Koalitionspläne zum Arbeitsrecht dürften zu noch mehr Befristungen führen <<<--- [idw]


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung

Hans-Böckler-Stiftung, Rainer Jung, 17.03.2010 12:31



WSI: Koalitionspläne zum Arbeitsrecht dürften zu noch mehr
Befristungen führen



Die Zahl der befristeten Arbeitsverträge ist deutlich gestiegen, vor
allem bei jüngeren Beschäftigten und Berufseinsteigern, zeigen neue
Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Wenn die Bundesregierung ihre im
Kolalitionsvertrag niedergelegten Pläne zum Arbeitsrecht umsetzt,
dürften es künftig noch mehr werden.

Zu diesem Ergebnis kommt Dr. Reingard Zimmer, Arbeitsrechtlerin des Wirtschafts-
und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans Böckler Stiftung.

In Konzernunternehmen mit mehreren rechtlich eigenständigen Töchtern
könnten praktisch unbegrenzte "Kettenbefristungen" möglich werden,
warnt die WSI-Expertin.

Wer bei einem Arbeitgeber einmal beschäftigt war, kann keinen - ohne
Sachgrund -befristeten Vertrag von diesem Unternehmen mehr bekommen.

Mit dieser 2001 im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)
festgeschriebenen Regelung wollte der Gesetzgeber "Befristungsketten"
ausschließen: dass Arbeitgeber ihren Beschäftigten immer abwechselnd
befristete Verträge mit und ohne Sachgrund anbieten, um so das Verbot
der unbegrenzten Ausdehnung sachgrundloser Zeitverträge zu umgehen.

Laut Koalitionsvertrag soll es künftig wieder möglich sein, unbegrenzt
häufig sachgrundlose, befristete Arbeitsverträge mit demselben
Arbeitgeber abzuschließen. Zwischen zwei Arbeitseinsätzen müsste
lediglich eine Frist von einem Jahr liegen.

Die Begründung der Koalition: Berufsseinsteigern würden unnötig Steine
in den Weg gelegt, wenn sie nicht - befristet ohne Sachgrund - bei einer
Firma anfangen dürften, in der sie während Schul- oder Unizeit schon
einmal beschäftigt waren.

Diese Argumentation ist der WSI-Arbeitsrechtsexpertin Zimmer zufolge
jedoch nicht überzeugend. Es sei auch heute kein Problem, jemanden
befristet einzustellen, der schon einmal in derselben Firma gearbeitet hat

 - es muss lediglich einen sachlichen Grund dafür geben, schreibt die Juristin
in einer aktuellen Analyse.

Ein solcher Grund liegt laut TzBfG (Paragraph 14 Absatz 1 Nr. 2) vor,
wenn eine Befristung "im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium
erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung
zu erleichtern".

Zimmer folgert: "Der Verweis auf die Berufsanfänger ist nur vorgeschoben".

Tatsächlich gehe es um einen "Abbau des Kündigungsschutzes durch die Hintertür".

Die Wissenschaftlerin befürchtet, dass die Pläne der
Regierungskoalition es zumindest großen Unternehmen ermöglichen,
"befristete Arbeitsverhältnisse unendlich auszudehnen".

Das könnte nach diesem Muster geschehen: Ein Arbeitnehmer wird im
Konzernunternehmen A für zwei Jahre befristet beschäftigt.

Anschließend wird er für ein Jahr in der Tochtergesellschaft B eingestellt.

Dann beginnt das Ganze von vorn.

So könnten Beschäftigte jahrelang im selben Konzern arbeiten, ohne dass für
sie jemals das Kündigungsschutzgesetz gilt.

Die Ausweitung befristeter Beschäftigung habe auch Folgen, die über
die konkrete Gestaltung des Arbeitsvertrags hinausgehen, warnt Zimmer:
Beschäftigte, die auf eine unbefristete Stelle hoffen, scheuen sich
oft, Ihre Rechte wahrzunehmen - "sei es in Bezug auf die Einhaltung
des Arbeitszeitgesetzes, Urlaubsansprüche, tarifliche Lohnansprüche,
Krankschreibung oder hinsichtlich der Kandidatur für den Betriebsrat".

Arten der Pressemitteilung:
Forschungsergebnisse
Forschungs- / Wissenstransfer

Sachgebiete:
Gesellschaft
Politik
Recht
Wirtschaft

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