FrageWir haben uns kürzlich im Unterricht mit dem Thema "Geburtseinleitung" beschäftigt. Dabei kam die Frage auf, ob eine übertragene bzw. eine Schwangerschaft bei Terminüberschreitung durch Geschlechtsverkehr "eingeleitet" werden kann. Diesen Tipp kennen wir auch aus der Praxis. - Gibt es eine medizinische Begründung für diesen Praxistipp? Katharina Böttger, Magdeburg AntwortEs gibt zahllose Hinweise, dass durch Geschlechtsverkehr eine Geburtseinleitung möglich ist. In der Literatur gibt es dazu jedoch kaum geeignete Studien, die den Effekt auch zahlenmäßig gut belegen können. Eine prospektiv randomisierte Untersuchung wird es zu diesem Thema sehr wahrscheinlich nie geben. Man kann ja auch schwer mit dem Würfel entscheiden lassen, wer Geschlechtsverkehr haben soll und wer nicht. Eine Cochrane-Analyse aus dem Jahr 2001 [1] kam aufgrund der geringen Fallzahlen der Studien zu keinem eindeutigen Ergebnis. In einer prospektiven Untersuchung von Tan [2] konnte ein positiver Effekt auf den Geburtsbeginn gefunden werden. In der Studie wurden die Ergebnisse von 200 Schwangeren ausgewertet. Die Frauen führten ein Tagebuch über den Geschlechtsverkehr ab 36 + 0 SSW. Schwangere mit Geschlechtsverkehr hatten eine geringe, jedoch signifikant kürzere Gestationszeit (39 + 3 versus 39 + 9 SSW). In der Gruppe mit Geschlechtsverkehr musste seltener mit 41 SSW eingeleitet werden. Die größte Anzahl der Geburten fand 2 Tage nach dem Geschlechtsverkehr statt. Das Problem bei dieser Untersuchung ist aber, dass der Zervixbefund beim Einschluss in die Studie nicht bekannt war. Für die Weheninduktion wird der Prostaglandin-Gehalt in der Spermaflüssigkeit verantwortlich gemacht. Bei einem Spermavolumen von 4 ml beträgt der Prostaglandin-Gehalt pro Ejakulation etwa 12-16 µg. In einer Tablette Cytotec® sind 200 µg Prostaglandin E1 enthalten, das bedeutet, dass man mindestens 16-mal Geschlechtsverkehr haben müsste, um diese Dosierung zu erreichen. Eine Dosierung von einer viertel Tablette Cytotec® (häufige Anfangsdosierung) mit 50 µg ist allerdings schon mit einer Koitusfrequenz von 4 zu erreichen. Im Prostaglandin-Gel sind 0,5 mg Prostaglandin E2 enthalten (1mg = 100µg). Das entspricht etwa einer Koitushäufigkeit von 41. Wahrscheinlich nimmt der Spermagehalt nach einer erhöhten Koitusfrequenz ab und es ist daher eine deutliche höhere Anzahl erforderlich. FazitAuf der Grundlage des heutigen Wissens kann folgender Schluss gezogen werden:
Literatur1 Kavanagh J, Kelly AJ, Thomas J. Sexual intercourse for cervical ripening and induction of labour. Cochrane Database Syst Rev 2001; 2: CD003093. Review 2 Tan PC, Andi A, Azmi N, Noraihan MN. Effect of coitus at term on length of gestation, induction of labor, and mode of delivery. Obstet Gynecol 2006 Jul; 108 (1): 134-40Anschrift des Autors:Prof. Dr. Franz Kainer | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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