Mittwoch, 14. Juli 2010

Interview mit Tom Schimmeck über Macht und Ohnmacht der Medien (Nachdenkseiten)

   

Interview mit Tom Schimmeck über Macht und Ohnmacht der Medien

(Nachdenkseiten)


Der Ton den Bild anschlägt, findet sich am nächsten Tag auch in Qualitätsmedien wieder.

 

Viele Medienmacher verkünden inzwischen stolz, dass sie Bild jeden Tag als Pflichtblatt lesen – und zwar gerne. Dafür kann man aber schlecht Bild die Schuld geben.

 

Das hat eher mit der Entleerung des Journalismus zu tun, dem Verlust von Begrifflichkeiten, Kategorien und Zusammenhängen, dem Trend zur schnellen News, zum Event. So greifen immer mehr Boulevard-Themen Platz. Auch werden immer mehr Themen nur noch als Personality-Geschichte aufgezogen, auch ein Boulevard-Phänomen.

 

Fast alle Medien sind inzwischen Teil des Promi-Zirkus. Versuchen sie einmal, eine Woche lang Boris Becker und Co. zu entgehen. Das schaffen sie auch dann nicht, wenn sie nur die Süddeutsche oder die Frankfurter Rundschaulesen.

Insgesamt beobachten wir in den letzten fünfzehn Jahren einen gewaltigen Ausbau der PR, gerade in den Wirtschaftsunternehmen. Hier werden wirklich mit allen Tricks Stimmungen kreiert. Auch das ist sicher eine Folge der Ökonomisierung.

 

Da verschieben sich die Ressourcen. Inzwischen ist in Deutschland und anderswo die Zahl der Leute, die für Geld Meinung machen, also die Zahl der PR-Berater, der Kommunikationsstrategen, der Werber und anderer professionellen Agendasetter mindestens genauso groß wie die der Berichterstattenden.

 

Diese PR-Leute sind in der Regel wesentlich besser bezahlt, wesentlich fokussierter auf ihre Aufgabe. Ihr Hebel wird immer länger: Sie nehmen mit Anzeigen, Veranstaltungen, Umfragen, Fotos und all dem Material, mit welchem sie die Öffentlichkeit bewerfen, immer mehr Einfluss. Auch weil die unter Spar-Diktaten ächzenden Medien immer hungriger nach kostenlosem Inhalt sind. So gewinnen die PR-Leute einen ungeheuren strategischen Vorteil gegenüber den Journalisten.

 

Die Richtung heißt: Spaßfernsehen, wie in Italien unter Berlusconi. So macht man heutzutage auch Politik.

 

Viel stärker als alle politische Propaganda, als das Lancieren bestimmter politischer Ansichten und Figuren, wirkt inzwischen die Entleerung der Köpfe.

Quelle: Telepolis

 

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/32/32847/1.html

 

Posted via email from Beiträge von Andreas Rudolf

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