Dienstag, 7. Dezember 2010

#Minijobs in #Deutschland: Neue Datenbank liefert #Daten #für #jede #Stadt und jeden Kreis


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Hans-Böckler-Stiftung, Rainer Jung, 07.12.2010 11:22

Minijobs in Deutschland: Neue Datenbank liefert Daten für jede Stadt und
jeden Kreis

Besonders verbreitet in West-Landkreisen


Minijobs sind vor allem in ländlichen Regionen Westdeutschlands weit
verbreitet. In manchen Gebieten werden vier von zehn Arbeitsplätze an
Frauen auf 400-Euro-Basis vergeben – und das oft zu niedrigen
Stundenlöhnen. Das zeigt eine neue Auswertung des Wirtschafts- und
Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung, die
Minijob-Daten für jeden Stadt- und Landkreis in Deutschland liefert.
Besonders viele Kreise mit hohem Minijob-Anteil gibt es in Niedersachsen,
Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Die WSI-
Datenbank "Atypische Beschäftigung" führt den Anteil der Minijobber an
allen Beschäftigungsverhältnissen auf und ist auch über eine interaktive
Landkarte abrufbar (Link siehe unten).

Im vergangenen Jahr war bundesweit jedes fünfte Beschäftigungsverhältnis
ein geringfügiges. Insgesamt 7,19 Millionen Arbeitsverträge liefen 2009
auf 400-Euro-Basis. Wie sich dieses große Arbeitsmarkt-Segment über die
Bundesrepublik verteilt, hat der WSI-Forscher Dr. Alexander Herzog-Stein
aufgeschlüsselt. Dadurch wird sichtbar, wo sich die neben der Leiharbeit
problematischste Beschäftigungsform ausbreitet: Vor allem Betriebe in der
westdeutschen Provinz bieten Minijobs an, die häufig von Frauen besetzt
werden. Für die Betroffenen ist das problematisch, weil sie kaum Ansprüche
auf soziale Sicherung erwerben und in aller Regel selbst pro Stunde nur
sehr wenig Geld  verdienen. 81 Prozent der geringfügig Beschäftigten, die
keiner anderen Erwerbsarbeit nachgehen, bekommen laut Statistischem
Bundesamt nur einen Niedriglohn. Das heißt, sie verdienen weniger als zwei
Drittel des mittleren Lohnes, der bei 9,06 Euro brutto pro Stunde liegt.
Die zentralen Trends der Deutschland-Analyse:

Ost-West
Minijobs sind "ein typisch westdeutsches Phänomen", sagt Herzog-Stein. In
Westdeutschland gab es im vergangenen Jahr 6,28 Millionen Minijobber, im
Osten nicht einmal eine Million. Sämtliche westdeutschen Bundesländer
haben einen höheren Anteil von 400-Euro-Jobs an allen
Beschäftigungsverhältnissen als die sechs ostdeutschen Länder. Beim
Spitzenreiter Schleswig-Holstein betrug der Anteil der Minijobs an allen
Stellen 23,7 Prozent, in Ostdeutschland waren es überall unter 15 Prozent.

Stadt-Land
Der Anteil der Minijobber ist im Westen besonders in ländlichen Kreisen
sehr hoch. Das dürfte laut Herzog-Stein mit daran liegen, dass gerade hier
viele Paare eine traditionelle Arbeitsteilung pflegen – der Mann verdient
das Geld, die Frau kümmert sich um die Familienarbeit und steuert
allenfalls einen Zuverdienst bei. Der WSI-Forscher nennt einen Hauptgrund
für das Stadt-Land-Gefälle: Auf dem Land sind Familie und Beruf meist
schwieriger zu vereinbaren als in den Städten, was vor allem an dem meist
unzureichenden Angebot an Kinderbetreuung liegt. Dennoch nimmt im
Deutschlandvergleich eine Stadt den Spitzenwert ein: In Delmenhorst
entfallen mehr als 34,3 Prozent aller Arbeitsplätze auf Minijobs.

Frauen und Männer
Mehr als jedes vierte Beschäftigungsverhältnis einer West-Frau ist ein
geringfügiges. Im Landkreis Trier-Saarburg werden gleich 42,2 Prozent
aller Frauen-Arbeitsplätze mit maximal 400 Euro vergütet, so die WSI-
Datenbank. Im Unterschied dazu beläuft sich die Minijob-Quote von Ost-
Frauen auf 16,6 Prozent, kaum höher als die der Männer. Auffällig ist
zudem: Wo viele Frauen einen Minijob haben, muss das nicht für Männer
gelten. Während Frauen vor allem auf dem Land häufig geringfügig
beschäftigt sind, gilt das für Männer eher in den Städten. Dahinter
scheint weniger ein Familienmodell zu stehen als ein unzureichendes
Stellenangebot am Arbeitsmarkt.

Ausschließlich Minijob oder Nebenerwerb. 2,26 Millionen Beschäftigte haben
einen Minijob, gehen aber noch einer weiteren Arbeit nach. Damit werden
6,5 Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse ohne einen sachlichen Grund
steuerlich gefördert und von Sozialbeiträgen weitgehend freigestellt,
kritisiert Herzog-Stein. Das Gros der 400-Euro-Kräfte aber – 4,93
Millionen Menschen – bezieht kein anderes Arbeitseinkommen. Diese
geringfügig Beschäftigten sind entweder auf das Einkommen von anderen
Haushaltsangehörigen oder aber auf Arbeitslosengeld II angewiesen. Ihre
Zahl ist selbst in der Krise der vergangenen beiden Jahre nochmals
gestiegen, ein Übergang auf eine Vollzeit- oder Teilzeitstelle mit mehr
Stunden gelingt selten. Der WSI-Experte spricht angesichts von fast fünf
Millionen ausschließlich geringfügig Beschäftigten von "einer gravierenden
Fehlentwicklung"am Arbeitsmarkt.

Interaktive Karte Minijobs in Deutschland:
<http://www.boeckler.de/pdf/minijob_2010/index_mini.html>

Datenbank Atypische Beschäftigung:
<
http://www.boeckler.de/datyp/index.php>

Infografiken zum Download im Böckler Impuls 19/2010:
<
http://www.boeckler.de/32014_110283.html#link>

Ansprechpartner in der Hans-Böckler-Stiftung

Dr. Alexander Herzog-Stein
Arbeitsmarktexperte WSI
Tel.: 0211-7778-235
E-Mail:
Alexander-Herzog-Stein@boeckler.de

Rainer Jung
Leiter Pressestelle
Tel.: 0211-7778-150
E-Mail:
Rainer-Jung@boeckler.de

Arten der Pressemitteilung:
Forschungsergebnisse

Sachgebiete:
Gesellschaft
Politik
Wirtschaft


Die gesamte Pressemitteilung erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/pages/de/news400697

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution621



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