Donnerstag, 2. Dezember 2010

#Ablenkungsmanöver (...) #Volksentscheid zu teilprivatisierten Berliner Wasserbetrieben [Junge Welt]


Ablenkungsmanöver

(Junge Welt)
http://www.jungewelt.de/2010/12-03/031.php

Nach Beschluß für Volksentscheid zu teilprivatisierten Berliner Wasserbetrieben: Senat und Medien tun so, als wären dessen Ziele bereits erfüllt.

Dem ist nicht so

Von Ralf Wurzbacher
 
Für den Mainstream liegt die Sache auf der Hand: Der bevorstehende Volkentscheid über die Offenlegung der Geheimverträge zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe ist für die Katz.
 
Kaum hatte der SPD-Linke-Senat vergangene Woche den Abstimmungstermin 13. Februar 2011 verkündet, titelte Welt online: »1,6 Millionen Euro für nichts.« So viel Geld solle die Volkbefragung kosten, deren Urheber ihr Ziel doch längst erreicht hätten, schwindelte das Springer-Organ. So schreckt man Menschen vom Abstimmen ab.

Ganz ähnlich ist die Masche der Partei Die Linke: Die will laut Beschluß ihres Landesparteitags vom Wochenende den Volkentscheid durch die Aufnahme »offener Gespräche« mit den Initiatoren vermeiden, weil das Ziel des Volksbegehrens »de facto« erfüllt wäre. Bei einem Scheitern der Verhandlungen wolle man den Volksentscheid dann aber nicht unterstützen.

Wozu diese Verrenkungen? Beim Berliner Wassertisch, der die Initiative »Schluß mit Geheimverträgen – Wir Berliner wollen unser Wasser zurück« angestoßen hatte, ist man überzeugt, daß längst nicht alle Fakten auf dem Tisch liegen (siehe Interview unten). Zwischen einer Veröffentlichung von Geheimdokumenten in den Medien und der durch ein verbindliches Gesetz bestünden erhebliche Unterschiede.

Wie junge Welt berichtete, wurden die Geheimverträge nach Abschluß des Volksbegehrens, das über 280000 Berliner zum Erfolg geführt hatten, durch den Senat im Einvernehmen mit den privaten Anteilseignern RWE und Veolia der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das Material belegt, daß den beiden Investoren, die 1999 knapp 50 Prozent der Wasserbetriebe erwarben, ungewöhnlich hohe Renditen zugesichert wurden. In der Folge waren die Wasserpreise in der Hauptstadt explodiert.

Der Senat hat mit der Preisgabe der Verträge die Flucht nach vorn angetreten. Im Falle eines erfolgreichen Volksentscheids wäre er dazu genötigt worden. Allerdings erfolgte die Veröffentlichung auf Grundlage des unlängst novellierten Informationsfreiheitsgesettes, dessen Vorschriften hinter denen des vom »Berliner Wassertisch« geforderten und im Februar zur Abstimmung stehenden »Transparenzgesetzes« weit zurückbleiben.

Dieses sieht beispielsweise neben der vollständigen Offenlegung der Kontrakte auch die sämtlicher Beschlüsse und Nebenabreden vor. Bei Verstoß gegen die Veröffentlichungspflicht sollen die Verträge unwirksam werden. Insbesondere über diesen Punkt sagt die Regierungskoalition, daß er verfassungswidrig sei.

Tatsächlich könnte der Volksentscheid noch ausgesetzt, weil hinfällig werden, sollte das Abgeordnetenhaus den Gesetzentwurf der Initiatoren im Wortlaut übernehmen.

Die Darstellung von Innensenator Ehrhart Körting (SPD), »wir müssen trotzdem darüber abstimmen, weil es so in der Verfassung steht«, ist verkürzt und ein durchsichtiger Appell an die Wähler, am 13. Februar zu Hause zu bleiben. In die Rubrik Ablenkungsmanöver gehört auch der Vorstoß von Wirtschaftssenator Harald Wolf (Die Linke), das Bundeskartellamt zur Prüfung der Wasserpreise anzurufen.

Sollten die Berliner Preise in der Konsequenz tatsächlich fallen, bestünde die Gefahr, daß das Umsatzminus von RWE und Veolia wegen der vertraglich garantierten Gewinne mit noch mehr Steuermitteln ausgeglichen werden müßte. Allein im letzten Geschäftsjahr betrug die Ausschüttung durch das Land 130 Millionen Euro.

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