Montag, 12. April 2010

Menschenwürdige Arbeit für alle: Universität Kassel eröffnet Internationale Zentrum [idw]


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Universität Kassel, Christine Mandel, 12.04.2010 12:00

Menschenwürdige Arbeit für alle:

Universität Kassel eröffnet Internationales Zentrum



Kassel. Strategien für eine nachhaltige Entwicklung sind das Ziel des
Exzellenzzentrums "International Center for Development and Decent
Work" (ICDD), das am Montag an der Universität Kassel eröffnet wurde.
Mit Ausbildung und Forschung wollen Wissenschaftler aus Europa,
Afrika, Asien und Lateinamerika Hunger und Armut in den
Entwicklungsländern bekämpfen und so zur Verwirklichung eines der
zentralen Millenniumsziele der Vereinten Nationen beitragen:
Produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle.

"Das Zentrum bietet einen einzigartigen Blick auf die aktuellen
Probleme in vielen Ländern des Südens", sagte der Leiter des ICDD, der
Kasseler Politikforscher und Globalisierungsexperte Prof. Dr.
Christoph Scherrer. Ermöglicht werde dies durch die bislang einmalige
Zusammenarbeit von Agrarwissenschaftlern und Sozialforschern aus
Brasilien, Deutschland, Indien, Kenia, Mexiko, Pakistan und Südafrika.

Die Wissenschaftler wollen beispielsweise erforschen, wie durch eine
Stärkung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft in den
Entwicklungsländern die Landflucht gebremst werden kann. "In Indien
arbeiten heute noch 70 Prozent der Menschen in der Landwirtschaft",
betonte Scherrer. Mangelnde Perspektiven führten oft zur Abwanderung
in städtische Slums. Nach Einschätzung der Kasseler Forscher kann eine
Stärkung der landwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten enorme
Auswirkungen auf die Entwicklung der ländlichen Gebiete haben. Dies
lasse sich beispielsweise in der Milchwirtschaft beobachten.

"Wenn sich die Wertschöpfung erhöht, gibt es auch Spielraum für
Lohnerhöhungen", erklärte Scherrer. Ein steigendes Einkommen der
Landbevölkerung ermögliche es den Erwachsenen wiederum, ihre Kinder
zur Schule zu schicken, statt diese arbeiten zu lassen. Höhere Löhne
führten zudem fast zwangsläufig zu einer höheren Produktivität. So
könne eine Wachstumsspirale in Gang gesetzt werden, von der letztlich
alle Menschen profitierten. "Es geht nicht nur darum, Arbeit zu haben,
sie muss auch bestimmten Anforderungen an Würde und Gesundheit des
Menschen genügen", sagte der geschäftsführende Direktor des neuen Zentrums.

Das "International Center for Development and Decent Work" wird in den
kommenden fünf Jahren mit bis zu fünf Millionen Euro vom Deutschen
Akademischen Austauschdienst (DAAD) im Auftrag des Bundesministeriums
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gefördert.
Weitere Unterstützung kommt vom Land Hessen und von der International
Labour Organization (ILO). "Der Aufbau des Internationalen Zentrums
für Entwicklung und menschenwürdige Arbeit unterstreicht die Kompetenz
der Universität Kassel im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit",
sagte die Hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Eva
Kühne-Hörmann, bei der Eröffnung: "Es freut mich, dass wir die
wichtige Arbeit des ICDD und seine globale Ausrichtung seitens des
Landes zusätzlich durch die Einrichtung einer Juniorprofessur
unterstützen können."

Als "international einmalig" bezeichnete der Kasseler
Universitätspräsident Prof. Dr. Rolf-Dieter Postlep den im ICDD
gewählten Forschungsansatz: "Wir feiern heute den Beginn einer neuen
Qualität der internationalen Beziehungen an der Universität Kassel".
Er sei stolz, dass der DAAD die neue Forschungseinrichtung als einen
von fünf "Think Tanks" ausgewählt habe, die sich in Deutschland
künftig mit der Umsetzung der UN-Millenniumsziele befassen werden.
Insgesamt 44 Einrichtungen hatten sich um die Aufnahme in den Kreis
dieser Exzellenzzentren beworben. An der offiziellen Eröffnung nahm
auch DAAD-Generalsekretär Christian Bode teil.

Expertenausbildung auf Master- und Promotionsniveau:
Kern des ICDD ist die Ausbildung von Experten auf Master- und
Promotionsniveau mit sechs Partneruniversitäten auf vier Kontinenten:
Egerton University (Kenia), Tata Institute of Social Science (Indien),
Universidad Autónoma de Yucatán (Mexiko), Universidade Estadual de
Campinas (Brasilien), University of Agriculture Faisalabad (Pakistan)
und University of Witwatersrand (Südafrika).

Die ersten acht Doktoranden starteten mit ihrer Ausbildung vor wenigen
Tagen in Kassel. Weitere zwölf Doktoranden arbeiten an den sechs
Partner-Universitäten. Sie erforschen Themen wie "Die
Arbeitsbedingungen von Straßenverkäufern in Mumbai und Durban", "Der
Beitrag der Handelspolitik zu menschenwürdiger Arbeit - Brasilien und
Südafrika im Vergleich" und "Die Verbesserung der Wertschöpfung in der
mexikanischen Viehwirtschaft".
Die Promotionen ordnen sich in die drei Forschungsschwerpunkte des ICDD ein:
1. "Möglichkeiten zur Steigerung der Wertschöpfung im ländlichen Raum",
2. "Geeignete Instrumente zur Durchsetzung menschenwürdiger Arbeitsbedingungen",
3. "Strategien zur Ermöglichung politischer Teilhabe".

Die künftigen Forschungsergebnisse sollen über ein Webportal, Policy
Briefing Papers und Weiterbildungsseminare verbreitet werden. Bei der
Ausbildung kooperiert das ICDD mit der Internationalen
Arbeitsorganisation (ILO) der Vereinten Nationen, die die Decent-Work-
Agenda formuliert hat.

Erster Ela-Bhatt-Gastprofessor lehrt bereits in Kassel
Schon seit Oktober lehrt der Soziologe Prof. Edward Webster von der
University of the Witwatersrand in Johannesburg an der Universität
Kassel. Webster ist der erste Ela-Bhatt-Professor des ICDD, dessen
Forschung zu menschenwürdiger Arbeit internationale Anerkennung
erfährt. Die Professur ist nach einer der führenden Frauen- und
Arbeitsrechtlerinnen Indiens benannt. Das ICDD wird sie nun jedes Jahr
mit einer international anerkannten Forscherpersönlichkeit aus den
Partnerländern besetzen.

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Info
Prof. Dr. Christoph Scherrer
tel: (0561) 804 3095/-3253 oder (0172) 95 22 417
e-mail: <
scherrer@uni-kassel.de>
Universität Kassel
Direktor des International Center for Development and Decent Work
(ICDD)
Kurt-Schumacher-Straße 2
34109 Kassel

Arten der Pressemitteilung:
Forschungsprojekte
Kooperationen

Sachgebiete:
Gesellschaft
Tier- / Agrar- / Forstwissenschaften
Wirtschaft



Die gesamte Pressemitteilung erhalten Sie unter:
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Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
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