Wolfgang Münchau Warten auf den zweiten Einschlag (Nachdenkseiten) Da die globalen Ungleichgewichte wieder auftreten werden, ist es völlig legitim, sich mit diesen instrumentalen Fragen zu befassen. Die Finanzmärkte sind das Bindeglied zwischen Ungleichgewichten und Krise. Und nach all dem, was wir jetzt wissen, werden sie diese Rolle wieder wahrnehmen. Die Krise des vergangenen Jahrzehnts wurde im amerikanischen Immobilienmarkt ausgelöst. Die nächste Krise wird mit großer Wahrscheinlichkeit anderswo stattfinden. Es ist schwer zu prognostizieren, wo genau das sein wird. In der vergangenen Woche vermutete ich, dass wir eventuell in den Rohstoffmärkten Probleme bekommen oder in den Aktienmärkten der Schwellenländer. Aber wer weiß? Anstatt die letzte Krise zu beenden, ist es jetzt wichtig, das Risiko insgesamt zu begrenzen. Dabei gibt es zwei Prioritäten.
Die erste sollte sein, das Schattenbankensystem so weit wie möglich auszuhebeln und in den Bankensektor zu integrieren. Das wird nicht passieren. Große Teile des globalen Finanzsektors werden auch weiterhin außerhalb jeglicher Aufsicht existieren, wie etwa der gesamte Markt für Swaps Zinsswaps, Devisenswaps, Kreditausfallswaps und deren exotische Varianten. Die zweite Priorität ist die Rekapitalisierung des Bankensektors. Hier geht es nicht nur um eine Erhöhung der Eigenkapitalquoten. Viel wichtiger noch ist die Neudefinition von Kapital. Gerade deutsche Banken stecken voller Hybridkapital, das für Regulierungszwecke zwar offiziell als Kernkapital zugelassen, unter ökonomischen Gesichtspunkten aber witzlos ist. Es geht schließlich darum, dass Kapital auftretende Verluste absorbiert. Wer in Deutschland aber Genussscheine oder stilles Kapital besitzt, sieht dessen Funktion allerdings etwas anders. Das deutsche Bankensystem hat schlichtweg nicht genug Kapital, um externe Schocks zu verkraften. Da künftig mehr solcher Schocks zu erwarten sind, ist eine Stärkung echten risikoabsorbierenden Kapitals notwendig. Quelle: FTD
http://www.ftd.de/finanzen/maerkte/:kolumne-wolfgang-muenchau-warten-auf-den-zweiten-einschlag/50160771.html
Bislang steht zu befürchten, dass er recht behält, nur dass der Preis des nächsten Kollapses für die bereits geschwächten Volkswirtschaften nicht mehr mit den Maßstäben der jetzigen Krise gemessen werden kann.
Anmerkung Orlando Pascheit:
Der ehemalige Chefredakteur der FTD hat lange Zeit das angelsächsische Modell, wie Wirtschaft, Gesellschaft und Politik aufgebaut sein sollten, auch als beispielhaft für Deutschland angesehen.
Angesichts der weltweiten Finanzkrise hat sich Münchau im Gegensatz zu vielen eindeutig vom Finanzkapitalismus angelsächsischen Typs distanziert, umso bedrückender seine Prognose: "Die Schlussfolgerung dieser Serie ist, dass es erst nach der nächsten Krise zu einer grundlegenden Umorientierung kommen wird. Das heißt aber auch, dass diese neue Krise zunächst kommen wird. Was sie so gefährlich macht, ist unser schwächlicher Allgemeinzustand. Genauso wie es in Europa erst nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer grundlegenden politischen Neuordnung kam, ist es auch mit den Finanzkrisen. Die jetzige Krise war offensichtlich nicht destruktiv genug. Aus der nächsten wird man ohne Illusionen hervorgehen."
Bislang steht zu befürchten, dass er recht behält, nur dass der Preis des nächsten Kollapses für die bereits geschwächten Volkswirtschaften nicht mehr mit den Maßstäben der jetzigen Krise gemessen werden kann.
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