Mittwoch, 1. September 2010

Der allmähliche Rückzug des Sozialstaats (via Nachdenkseiten)


Der allmähliche Rückzug des Sozialstaats

(Nachdenkseiten)

http://www.nachdenkseiten.de/?p=6624#h02

Auf den ersten Blick ist die Idee der "Tafel" faszinierend: Viele freiwillige Helfer verteilen überschüssige Lebensmittel an Bedürftige.

 

Den sozial Benachteiligten wird so geholfen, die Lebensmittel müssen nicht entsorgt werden.

 

Der Soziologe Dr. Stephan Lorenz von der Universität Jena hat jedoch einen zweiten Blick auf die Idee der Tafel geworfen und kritische Befunde erhalten.

"Die Frage steht im Raum, ob die Tafeln Teil der Lösung oder nicht eher Symptom des Problems einer zunehmenden gesellschaftlichen Spaltung sind", sagt Lorenz.

 

Beweist ihre Arbeit doch das Vorhandensein massenhafter Überschüsse. Aber eben auch, dass viele Menschen sehr weitgehend von Arbeit und Konsum ausgeschlossen sind.

 

Menschen, die in der Überflussgesellschaft im täglichen Überlebenskampf stehen.

 

Zudem bestehe die Gefahr eines weitergehenden Rückzuges des Sozialstaats: "Die Tafeln übernehmen faktisch sozialstaatliche Aufgaben, ohne dass ein Rechtsanspruch auf ihre Leistungen besteht."

Eine Million Menschen nutzen in Deutschland die Angebote der Tafeln

Die Idee der Tafeln kommt aus den USA. Dort entstanden die ersten Initiativen in den 1960er Jahren. …"Inzwischen gibt es bundesweit ungefähr 900 Tafeln und ungezählte ähnliche Initiativen", sagt Lorenz… Ungefähr eine Million Menschen nutzen in Deutschland die Angebote der Tafeln regelmäßig.

Mit den Änderungen der Arbeitsmarktpolitik im Zuge der Agenda 2010 sei die Verantwortung für Arbeitslosigkeit verstärkt den Einzelnen selbst zugeschrieben worden, konstatiert Stephan Lorenz.

 

"Obwohl schlicht die Stellen fehlen, wirft man Arbeitslosen jetzt eher Leistungsverweigerung oder fehlende Motivation vor", sagt der Soziologe von der Universität Jena.

 

Um den Erwerbslosen Anreize zu bieten, sich wieder um eine Anstellung zu bemühen, wurden die sogenannten Ein-Euro-Jobs geschaffen.

 

So kommt es sogar zu der kuriosen Situation, dass Ein-Euro-Jobber inzwischen vielerorts helfen, den reibungslosen Betrieb der Tafeln aufrecht zu erhalten.

Gemeinsam mit zahlreichen Autoren und Jenaer Kolleginnen hat Stephan Lorenz jetzt das Buch "TafelGesellschaft. Vom neuen Umgang mit Überfluss und Ausgrenzung" vorgelegt.

 

Es vereint Aufsätze von Wissenschaftlern mit Statements aus Politik, Kirche, Gewerkschaft und sozialer Bewegung.

Quelle: Friedrich-Schiller-Universität Jena

 

 

Posted via email from Beiträge von Andreas Rudolf

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