Friedhelm Hengsbach: Hartz IV
Quelle: Gegenblende http://www.gegenblende.de/05-2010/++co++6f6f8f10-cbbb-11df-60c5-001ec9b03e44
Quelle: Gegenblende http://www.gegenblende.de/05-2010/++co++6f6f8f10-cbbb-11df-60c5-001ec9b03e44
Es heißt da:
"REICHE ZAHLEN: Weil die Steuerbelastung in Deutschland mit steigendem Einkommen stark zunimmt, finanzieren die Reichen bei uns den Sozialstaat über Steuern und Abgaben. Das oberste Zehntel der Einkommensbezieher zahlt 55 % des gesamten Steueraufkommens, das letzte Prozent der Superreichen finanziert alleine 22,2 %."
Das ist mal wieder eine halbe Wahrheit, die eine ganze Lüge ist.
Wolfgang Lieb
Richtig ist falsch ist
Nach der aktuellsten Angabe der Bundesregierung in der Antwort auf eine Große Anfrage der Fraktion der Grünen vom 10. Februar 2010 ist es richtig, dass das oberste Zehntel der Steuerpflichtigen mit Einkünften ab 70.150 Euro einen kumulierten Anteil 54,4 Prozent an der Einkommensteuer trägt (
Falsch ist hingegen, dass sich dieser Anteil von über der Hälfte auf das "gesamte Steueraufkommen" bezieht.
Aus der unten stehenden Grafik aus dem Jahr 2007 (die absoluten Beträge dürften sich seither etwas verändert haben, aber die Prozentanteile kaum) ist unschwer zu entnehmen, dass selbst wenn man Lohn- und veranlagte Einkommensteuer zusammenrechnet, alle Einkommenspflichtigen zusammen unter 30 Prozent der gesamten kassenmäßigen Steuereinnahmen des Staates erbringen.
Zur Vergrößerung auf die Grafik klicken )(Neuere Zahlen aus 2008: siehe
Bundesfinanzministerium Datensammlung zur Steuerpolitik [PDF - 2 MB])Verhältnis von Steuerlast und Einkommen bzw. Vermögen
Aber dass das oberste Zehntel knapp 55 Prozent der Einkommensteuer aufbringt, das ist nur die halbe Wahrheit. Um das Verhältnis zwischen Einkommen und Steuerlast realistisch einschätzen zu können, müsste man auch darstellen, dass die oberen 10 Prozent der Einkommensteuerpflichtigen einen Anteil von 37,9 Prozent am zu versteuernden Einkommen haben. (Siehe nochmals
Noch dramatischer sieht die Verteilung aus, wenn man nicht nur das zu versteuernde Einkommen, sondern das gesamte Vermögen betrachtet. Die oberen zehn Prozent haben am privaten Vermögen einen Anteil von 61,1 Prozent (2007,
Michael Hartmann). Die unteren 70 Prozent kommen nicht einmal auf 9 Prozent des Gesamtvermögens.
Das letzte Prozent der Superreichen
"Das letzte Prozent der Superreichen finanziert alleine 22,2 %", schreibt Bild um unsere Hochachtung noch höher zu treiben.
Steuerlast der höheren Einkommen gesunken
Tatsache ist weiter, dass die steuerliche Belastung der höheren Einkommen im letzten Jahrzehnt nicht etwa gestiegen sondern gesunken ist. Durch die Steuersenkungen von Rot-Grün und der Großen Koalition wurde der Spitzensteuersatz bei der Einkommenssteuer von 53 auf 42 Prozent gesenkt. Aber nicht nur die Einkommensteuer wurde gesenkt: Seit 2000 bleiben die Gewinne bei der Veräußerung von Unternehmen oder Unternehmensteilen komplett steuerfrei.
Seit 2008 sind mit der Abgeltungssteuer höhere Einkommen ihre Kapitaleinkünfte nicht mehr mit dem persönlichen Steuersatz von 42 Prozent, sondern nur noch mit 25 Prozent besteuert. Mit der Unternehmensteuer"reform" 2001 wurde der tarifliche nominale Steuersatz auf Unternehmensgewinne für Kapitalgesellschaften von 51,8 % auf 38,7 % gesenkt. Für Personenunternehmen gab es von 2001 bis 2005 eine schrittweise Entlastung von 54,5 % auf 45,7 %. Die dauerhaften Aufkommensverluste der Reform belaufen sich auf mindestens 11 Mrd. Euro jährlich. (
IMK S. 7 [PDF - 38 KB])Nimmt die Steuerbelastung bei Milliardären zu?
Bild schreibt: "Weil die Steuerbelastung in Deutschland mit steigendem Einkommen stark zunimmt,
."
Im Kontext mit den "7 Wahrheiten über Milliarden-Spender" ist diese Aussage gelinde gesagt eine grobe Irreführung. Nach der gegenwärtigen Steuerprogression greift der Spitzensteuersatz bei einem Alleinverdienden bei 52.552 Euro. Logischerweise flacht nach Erreichen des Spitzensteuersatzes die Kurve ab, so dass ein Milliardär nominell den gleichen Spitzensteuersatz bezahlt wie ein Einkommensbezieher, der etwas über fünfzig Tausend Euro im Jahr verdient.
Aber der nominelle Spitzensteuersatz von 42 Prozent trifft wiederum die Realität kaum. "Deutschland ist ein Steuerparadies für Millionäre. Selbst die Reichsten sind weit davon entfernt, den Spitzensteuersatz zu entrichten. Sie können derartig viele Freibeträge und andere Abzugsbeträge beim Fiskus geltend machen, dass sie im Durchschnitt nur 36 Prozent Steuern auf ihr Einkommen zahlen. Dies ergibt sich aus einer Berechnung, die das Statistische Bundesamt für die taz angestellt hat", berichtet
Ulrike Herrman.Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung kam in einer Studie aus dem Jahr 2004 bei den absoluten Topverdienern mit einem Einkommen von 22 Millionen Euro im Schnitt auf einen realen
Steuersatz von nur 34 Prozent.Bei Verheirateten sind es nach Splittingtabelle sogar nur noch 16,7 Prozent (
Durchschnittsbelastung nach Tarifen 1958 bis 2009, Splittingtabelle [PDF 168 KB])(http://www.nachdenkseiten.de/upload/pdf/091020_Steuersenkung_Anlage_3.pdf). Selbst bei einem Alleinverdiener mit 120.000 Euro zu versteuerndem Einkommen ist die Durchschnittsbelastung bei weitem noch nicht beim Spitzensteuersatz von 42 Prozent, sondern erst bei 35,3 Prozent angekommen. Laut Splittingtabelle liegt bei 120.000 Euro zu versteuerndem Einkommen die Durchschnittsbelastung bei 28,6 Prozent.Nach der Grundtabelle (Alleinverdiener) beginnt die Durchschnittsbelastung mit 10.000 Euro bei 3,5 Prozent, steigt auf 9,7 Prozent bei 15.000 Euro und auf 13,8 bei 20.000 Euro. Ab 40.000Euro flacht sich die Kurve ab, steigt von 24,4 Prozent auf 25,9 bei 50.000 Euro, steigt danach bei jeweils 5.000 Euro mehr an Einkommen um 1,4 Prozent, 1,3 Prozent, 1,0 Prozent bis die Durchschnittssteuerbelastung von 95.000 auf 100.000 Euro nur noch von 33,5 Prozent auf 33,9 Prozent steigt. Bei kleineren und mittleren Einkommen ist der prozentuale Anstieg also erheblich steiler als bei
höheren und höchsten Einkommen. (http://www.nachdenkseiten.de/?p=4273)Umverteilungswirkung des Steuersystems hat an Gewicht verloren
Wenn man schon auf den hohen Anteil des obersten Einkommenszehntels an der Einkommensteuer hinweist, sollte man fairerweise auch hinzufügen, dass zwischen 1998 und 2006 die Einkommensunterschiede bei den Nettoeinkommen, also nach Steuern und Sozialabgaben, erheblich schneller gestiegen sind als bei den Bruttoeinkommen. Während der Anteil der Haushalte mit mittleren Einkommen, das heißt zwischen 70 und 150 Prozent des Durchschnittseinkommens, brutto von 45,8 auf 41,2 Prozent sank, ging er netto sogar von 62,7 auf 53,9 Prozent zurück.
Einkommenssteuer macht nur ein Drittel der Steuereinnahmen aus
Zur ganzen Wahrheit gehörte auch, dass die Einkommensteuern nur rund ein Drittel (Das DIW hat in einer Studie anders als die Bundesregierung 34 Prozent ermittelt) der staatlichen Steuereinnahmen ausmachen.
Daneben stehen die indirekten Steuern, also die Mehrwertsteuer, die Mineralöl- oder die Tabaksteuer. Ihr Anteil am Steueraufkommen ist kontinuierlich gestiegen, nicht zuletzt durch die Anhebung der Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent durch die Große Koalition. Die indirekten Steuern machten 1990 noch etwa 40 Prozent des Steueraufkommens aus, seit der Jahrtausendwende liegt ihr Anteil bei etwa der Hälfte der gesamten Steuereinnahmen.
Indirekte Steuern treffen aber bezogen auf das verfügbare Einkommen weniger die hohen Einkommensbezieher, sondern eher die niedrigen und Mittleren Einkommen, die ganz oder zum allergrößten Teil für die alltägliche Lebensführung ausgegeben werden (müssen).
"Die in den letzten Jahren bereits reduzierte, aber immer noch vorhandene Umverteilungswirkung bei der Einkommensteuer verliert durch diese Verschiebung zwischen direkten und indirekten Steuern weiter an Bedeutung." (Michael Hartmann a.a.O.)
Der Anteil mittlerer und niederer Einkommen am gesamten Steueraufkommen liegt bei 70 Prozent
Nach einer
Die weiterhin steigende Ungleichheit der Markteinkommen werde nicht mehr durch sozialstaatliche Umverteilungseffekte kompensiert, schreibt das DIW. Der Anteil der Steuern, die vor allem die Bezieher mittlerer und niedriger Einkommen aufbringen, ist in den vergangenen Jahrzehnten ständig gewachsen. Solche mittlere und niedere Einkommen erbrachten 1960 knapp 38 Prozent des gesamten Steueraufkommens. 2006 waren es bereits70 Prozent. Der Anteil aller Gewinnsteuern sank im gleichen Zeitraum von 35 auf 20 Prozent.
Steuerlast im Ungleichgewicht
Die Reichen können sich aus der Finanzierung des Sozialstaats ausklinken
Die Reichen finanzieren bei uns auch nicht wie Bild schreibt "den Sozialstaat über Steuern und Abgaben".
Besserverdiener zahlen relativ zu ihrem Einkommen weniger in die Sozialversicherung ein als Durchschnittsverdiener. Die neue Beitragsbemessungsgrenze bei der Krankenversicherung im Jahre 2010 liegt bei einem Jahreseinkommen von 49.950 Euro (oder 4.162,50 Euro monatlichem Einkommen).
Bei der gesetzlichen Rentenversicherung weist die Beitragsbemessungsgrenze in den alten Bundesländern 66.000 Euro Einkommen pro Jahr (5.500 Euro pro Monat) in den neuen Bundesländern 55.800 Euro pro Jahr (4.650 Euro pro Monat) aus. Das Einkommen darüber wird nicht "für den Sozialstaat" herangezogen. Für einen Millionär oder gar Milliardär sind diese Sozialabgaben "Peanuts". Meist weicht er ohnehin in eine private Kasse aus, wo ihn garantiert der Chefarzt behandelt, er aber nichts in die gesetzlichen Kassen einbezahlt.
Jedenfalls tragen die Geringverdiener die höchste Abgabenlast, für Spitzenverdiener sinkt der Steueranteil,
je mehr sie verdienen. (http://www.welt.de/finanzen/article3723322/Deutsche-Geringverdiener-tragen-hoechste-Last.html?print=yes#reqdrucken)Bei einem alleinstehenden Geringverdiener machen Steuern und Sozialabgaben inzwischen 47,3 Prozent der Arbeitskosten aus,
wie die OECD ermittelte.( http://www.oecd.org/document/7/0,3343,en_2649_34897_42723335_1_1_1_1,00.html)Das ist nach Belgien der zweithöchste Wert aller Industrieländer. Bei einem Ehepaar mit zwei Kindern, das durchschnittlich verdient, liegt die Gesamtbelastung bei 45,2 Prozent. Die Millionäre kommen also billig davon, wenn sie durchschnittlich nur 34 Prozent an Steuern zahlen müssen und sich ab der Beitragsbemessungsgrenze aus der Solidargemeinschaft verabschieden können.
STUTTGART taz/dpa/dapd | Der Konflikt um das Milliarden-Bahnprojekt "Stuttgart 21" eskaliert. Mit einem Großaufgebot versucht die Polizei am Donnerstag Teile des Schlossgartens mit einem massiven Einsatz von Knüppeln, Wasserwerfern, Reizgas und Pferden zu räumen und abzusperren. Dort sollen die ersten von insgesamt 300 teilweise uralten Bäumen für den Umbau des Hauptbahnhofes gefällt werden. Auch der Landtag wurde abgeriegelt. Laut Teilnehmern sind mehr als 5.000 Demonstranten in den Park gekommen, darunter zahlreiche Schüler.
Ein Polizeisprecher sagte auf dapd-Anfrage, die Beamten versuchten "eine Gitterlinie" aufzustellen, um die Bauarbeiten zu sichern. Die Zufahrt werde von "Hunderten von Menschen" blockiert, die zum Teil auch Polizisten bedrängten. Die Beamten müssten jetzt mit sehr vielen Kräften den Weg frei räumen. Dafür seien Wasserwerfer und Polizeireiter im Einsatz. Ob dabei auch Schlagstöcke verwendet wurden, konnte er nicht sagen. "Es wird unmittelbarer Zwang angewandt", sagte er lediglich. Der Sprecher verteidigte das Vorgehen der Polizei. Wenn die Demonstranten sich nicht rechtlich einwandfrei verhielten, "dann kann die Polizei auch mal hinlangen", betonte er.
Ein Sprecher der Gegner von "Stuttgart 21" kritisierte, es sei "unverantwortlich", wie die Beamten gegen Schüler vorgingen. Viele, zum Teil sehr junge Demonstranten seien von der Polizei schon am Vormittag eingekesselt worden. Er appellierte an die Polizei, ihr Großaufgebot abzuziehen. Der Pressesprecher der "Parkschützer", Matthias von Herrmann, spricht von über 50 am Auge Verletzte durch Reizgas, darunter auch ein Baby sowie zahlreiche 10- und 12-jährige Mädchen. Inzwischen sind zahlreiche Bürger zu den Schülern hinzugestoßen. Trotz mehrerer Notrufe sind keine Rettungskräfte vor Ort, um sich um die durch das Reizgas verletzten Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen zu kümmern. Außerdem wurden bislang neun Nasenbrüche gezählt.
Laut Augenzeugenberichten, die über Twitter ins Netz gestellt wurden, verhielten sich Polizisten und Demonstranten zunächst friedlich. Einzelne Teilnehmer berichteten allerdings von Übergriffen der Polizei und Schlagstockeinsätzen. Auf einem live ins Internet gestellten Videomitschnitt eines Teilnehmers war zu sehen, wie Demonstranten versuchten, mit Sitzblockaden einen mit Absperrgittern beladenen Lkw der Polizei zu stoppen. Kurzfristig besetzte rund ein Dutzend Demonstranten den Lkw.
Nachdem die Polizei das Fahrzeug geräumt hatte, versuchten die Beamten, die Sitzblockade aufzulösen, blieben dabei aber zunächst erfolglos. Einzelne Demonstranten skandierten "Wir sind das Volk" und stimmten die deutsche Nationalhymne an.
Auch die Bundespolizei und Beamte aus anderen Bundesländern seien im Einsatz, teilte das Polizeipräsidium Stuttgart mit. Außerdem kündigte Polizeipräsident Siegfried Stumpf an, dass in der Nacht zum Freitag die ersten Bäume gefällt werden. Die Fällarbeiten sollen bis Samstag dauern. Die Stuttgart-21-Sprecher Udo Andriof und Wolfgang Dietrich erklärten, der mittlere Schlossgarten werde für die Einrichtung des Grundwassermanagements freigeräumt.
Dafür müssten knapp 300 Bäume mit einem Stammdurchmesser von mindestens 25 Zentimeter gerodet werden. Auf der Fläche sollen eine Halle mit einer Grundfläche von 1000 Quadratmeter und Wasserbehälter aufgestellt werden. Die Deutsche Bahn ist verpflichtet, nach Abschluss der Bauarbeiten 293 Bäume nachzupflanzen.
Generation Biedermeier
(Nachdenkseiten)
Panische Absturzangst, massiver Anpassungswille sowie Verachtung für alle, die abgerutscht sind: Das Bild, das das Marktforschungsinstitut Rheingold von der Jugend im Jahr 2010 zeichnet, ist nicht gerade beruhigend.
Alle acht Jahre befragen die Kölner Forscher in psychologischen Interviews junge Menschen zwischen 18 und 24 Jahren zu ihren Lebenseinstellungen, und in diesem Jahr haben sie signifikante Zuspitzungen ermittelt.
Irgendwie erinnern einen die Resultate an die Sarrazin-Kontroverse, auch Rheingold-Chef Stephan Grünewald geht es so. Sarrazin "greift offenbar ein vorhandenes Lebensgefühl auf", sagte Grünewald der FR.
Sarrazin macht Migranten, vor allem die muslimischen, selbst für ihre Integrationsprobleme verantwortlich und wirft ihnen vor, der Gesellschaft mehr Kosten als Nutzen zu bringen.
So populistisch und sozialdarwinistisch diese Schuldzuweisung sein mag dafür, dass sie so viel Zustimmung erhält, bietet die Studie Erklärungshilfen.
Quelle: FR online
Anmerkung Jürgen Karl:
Sehen wir hier die Folgen einer seit Jahren systematisch betriebenen Entsolidarisierung durch eine neoliberale Wirtschaftsideologie, die nur die Verwertbarkeit der "Human Resource" als alleinige Richtlinie propagiert? Siehe auch den vorherigen Hinweis.
In Europa protestieren Hunderttausende gegen harte Einschnitte in den Sozialstaat. In Deutschland tut sich wenig. Die Interessen der einzelnen Gewerkschaften sind zu unterschiedlich. V
ON MARTIN KAUL
Hartmut Riemann ist der Mann, der für diese Spaltung steht. In seinem mokkafarbenen VW Passat fährt der Gewerkschaftssekretär der IG Metall in diesen Tagen viel durch die Republik der Kämpfenden. Am Dienstag war er im Sauerland, bei den "Heuschrecken", wie er sagt, da ging es um Entlassungen. Und Mittwochabend saß er am Verhandlungstisch in Düsseldorf. Der Stahlabschluss und 6 Prozent mehr Lohn, das ist sein Kampf. "Wenn es um Hartz IV geht, dann können wir nicht mobilisieren", sagt Hartmut Riemann. Und er sagt es verzweifelt.
In Europa protestierten gestern Hunderttausende von Menschen. In Spanien riefen die Gewerkschaften zum Generalstreik. In Brüssel versammelten sich bis zu 100.000 Menschen, um gegen die Arbeitsmarktreformen der europäischen Regierungen zu demonstrieren.
Und in Deutschland? Kopfpauschale, Rentendebatte und Hartz IV - all das erregt seit Monaten die öffentlichen Debatten hierzulande. Glaubt man einem wichtigen Genossen von Hartmut Riemann, dem Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Michael Sommer, dann folgt auf die Regierungspläne von Angela Merkel ein "heißer Herbst". Er könnte sich irren.
Es waren nicht die Gewerkschaften, sondern das globalisierungskritische Netzwerk Attac, das mit symbolischen Bankbesetzungen, mit Infoständen und Straßentheater beim europaweiten Aktionstag gestern ein kleines Zeichen in Deutschland setzen konnte. In 75 Städten gingen die Globalisierungsgegner auf die Straße. Gewerkschaftliche Großdemonstrationen und Massenmobilisierung - das ist in Deutschland hingegen auch weiterhin nicht geplant. Und das ist durchaus eine Strategie.
"Wir haben eine klare Verabredung. Die Gewerkschaften machen ihre Aktionen vor allem auf Betriebsebene", heißt es beim DGB. Michael Sommers heißer Herbst findet in Plochingen, Salzgitter, in Kempten und Nerchau, in Eisenach und in Kamp-Lintfort statt. Dort, wo Gewerkschafter ihre Infostände vor den Werkstoren aufbauen. In "aktiven Mittagspausen" reden sie über das, was sie bewegt. Es ist ein heißer Herbst für die Lokalnachrichten, doch in der Hauptstadt ist er keine Meldung wert.
Denn um den dramatisch schwindenden Mitgliederzahlen zu begegnen - in den letzten zehn Jahren verloren die DGB-Gewerkschaften fast 20 Prozent ihrer Mitglieder -, führen die Gewerkschaften vor allem die Kämpfe, die ihre Mitglieder überhaupt noch interessieren. Hartmut Riemann kämpft für die Löhne bei den Stahlarbeitern, Ver.di um die kommunalen Finanzen, und die IG BCE schickt Bergleute auf die Straße, weil denen die Subventionen ausgehen.
Und während die ganze Republik über die minimalen Hartz-IV-Erhöhungen und eine Existenz in Würde streitet, warten die Arbeitslosen weiterhin vergeblich auf mehr als rhetorische Solidaritätsbekundungen aus Reihen der Gewerkschaften: "Es ist nicht nachvollziehbar, dass der DGB sich in der Praxis kaum um die soziale Frage kümmert", sagt Martin Behrsing, Sprecher des Erwerbslosenforums in Deutschland. "Michael Sommer wettert zwar gegen die Hartz-Änderungen, das ist aber auch schon alles."
Rückendeckung bekommt Behrsing auch von Bernd Riexinger. Er ist Geschäftsführer des Ver.di-Bezirks Stuttgart und sieht, was gerade vor seiner Haustüre los ist. Zehntausende demonstrieren dort wöchentlich gegen einen Hauptbahnhof. Aber aus Protest gegen Hartz IV findet kaum jemand auf die Straße. "Es fehlt an einer Parole, hinter der sich alle versammeln können", sagt er. "Das müsste der DGB leisten." Doch das Klein-Klein der Gewerkschaftskämpfe, die fehlende gemeinsame Linie - das nennen die Arbeitnehmervertreter tatsächlich noch ein "dezentrales Aktionskonzept".
Manfred Klöpper ist Mitglied im Exekutivkomitee des Europäischen Gewerkschaftsbundes. Der DGB-Regionsvorsitzende aus Oldenburg kennt die internationale Perspektive, er hat die gestrige Brüssel-Demo mitorganisiert, er weiß, was los ist. Der Gewerkschafter sagt: "Das getrennte Marschieren in Deutschland ist eine gewollte Schwäche." Die Forderungen der Gewerkschaften "erscheinen in der Öffentlichkeit so verschieden wie der Bestand in einem Warenhauskatalog."
Davon kann Hartmut Riemann in seinem Mokka-Passat ein Lied singen. Er ist unterwegs zum Stahltarifvertrag. Der 50-jährige Gewerkschafter würde gerne mehr für die soziale Frage kämpfen und nicht nur für den Lohn in seiner Branche. "Aber es nützt nichts", sagt er. "Wir können derzeit nur in der Tarifpolitik Macht ausüben." Gleich will Hartmut Riemann sechs Prozent für seine Leute rausholen. Das ist sein kleiner Beitrag für den heißen Herbst.
[Anmerkung von Andreas Rudolf: Tja in Deutschland herrscht eben Corporate Identity und da schlägt man sich eher auf die "gebende Seite" bzw tritt nach unten weiter...]
Diese kleine Geschichte zur Manipulation des Monats beginnt mit dem Hinweis auf einen wunderbaren Druckfehler: BILD kommt heute mit der Dachzeile: "Schlechte Werte für Schwarz-Geld". (http://www.bild.de/BILD/politik/2010/07/22/ansehen-regierung-sinkt/trotz-guter-konjunktur-wirtschaftslage.html)
Das ist komisch, stimmt aber auch so, mit "d" statt "b". Denn Schwarz-Gelb hat es immer wieder auch mit Schwarz-Geld zu tun gehabt. Kochs Hessen CDU mit angeblich jüdischen Vermächtnissen in Liechtenstein.
Kohl mit heimlichen Geldern und auch Lambsdorff war bekannt dafür. Das eigentliche Interesse gilt aber der Hauptbotschaft und der Manipulationsmethode im Artikel von BILD.
Albrecht Müller
und weiter heißt es:
(
)
Wahlumfrage
Union und FDP auf
historischem Tiefststand
(
)
So einen Widerspruch zwischen Umfragewerten und aktueller Wirtschaftslage hat es noch nie gegeben!
Die Konjunktur brummt, die Arbeitslosenquote könnte sogar schon im Herbst unter drei Millionen sinken aber die Bürger sind mit ihrer Regierung trotzdem unzufrieden.
Schwarz-Gelb steht laut Forsa-Umfrage miserabel da: CDU/CSU bei 30 %, die FDP nur noch bei 4 %.
Bei der Bundestagswahl im September 2009 lag die Union noch bei 33,8 % und die FDP bei 14,6 %.
Wie ist dieser Umfrage-Absturz vor dem Hintergrund der guten Wirtschaftsdaten zu erklären?
Forsa-Chef Manfred Güllner zu BILD: "Die Menschen glauben noch nicht an den Aufschwung, hören eher auf schlechte Nachrichten. Ihre Verunsicherung und das Misstrauen gegenüber der Regierung bleiben deshalb weiterhin vorhanden." (pro)
Der Bild-Zeitung geht es nach meiner Einschätzung nicht darum, die Regierung schlecht zu machen, im Gegenteil: sie will die Botschaft transportieren, dass die Regierung eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik betrieben hat, dass die Wirtschaft brummt, dass deshalb nicht weitere Konjunkturprogramme nötig sind, dass sich die "Reformen" insgesamt gelohnt haben und dass man deshalb mit sozialen Einschnitten weiter fortfahren kann.
Der Bild-Zeitung geht es im Hintergrund auch darum, der Exportwirtschaft ihren extremen Standortvorteil durch günstige Lohnstückkosten zu erhalten. Deshalb redet man bei einer Zahl von über 3 Millionen registrierten Arbeitslosen und einer hohen Zahl von versteckten Arbeitslosen von Brummen und von Boom und von Aufschwung. Die Reservearmee an Arbeitslosen soll erhalten bleiben, zur Erleichterung des Lohndrucks.
Die Realität in der deutschen Volkswirtschaft sieht anders aus. Siehe dazu den Beitrag vom 13. Juli über
"Das angebliche Jobwunder". (http://www.nachdenkseiten.de/?p=6174)Der Regierung und der Koalition schadet die Bild-Zeitung mit ihrer Agitation nicht. Eher führt eine solche Dauerindoktrination dazu, dass sich am Ende Mitleid mit der Koalition einstellt. Nach dem Motto: die Bundesregierung ist erfolgreich, aber sie verkauft sich schlecht.
Interessant ist auch die Methode der Manipulation. Um die Botschaft A (Die Regierung Merkel ist erfolgreich) zu transportieren benutzt man eine Botschaft B. (Umfrage-Absturz, obwohl die Wirtschaft brummt).
Im Kapitel über die Methoden der Meinungsmache habe ich diese Methode beschrieben.
Siehe Ziffer 3 hier (http://www.nachdenkseiten.de/?page_id=4138#l03) und ausführlich in Kapitel 10 des Buches.Die Propaganda zum angeblichen Aufschwung wird nicht nur von BILD betrieben.
Der "Freitag" (http://www.freitag.de/politik/1027-mehr-jobs-mehr-argumente) gesellte sich letzthin dazu. Ein Beleg der Erosion kritischer Medien. Leider.Mehr Jobs, mehr Argumente
Womöglich ist es Zeit, von Massenarbeitslosigkeits-Szenarien Abstand zu nehmen.
Für linke Forderungen nach Mindestlohn und Aufstockung von Hartz IV ist das ein Vorteil
Es ist noch nicht lange her, da befürchteten Ökonomen einen dramatischen Anstieg der Arbeitslosigkeit als Folge der Finanzkrise und des daraus resultierenden Konjunkturcrashs. Von fünf Millionen Erwerbslosen war die Rede. Die Realität sieht ganz anders aus. 3,2 Millionen Jobsuchende registrieren die Arbeitsagenturen aktuell.
Diese Zahl mag mit einigen Statistik-Tricks geschönt sein, ist aber im Verhältnis sowohl zur Lage nach dem Untergang von Lehman-Brothers im September 2008 als auch im europäischen Vergleich niedrig. Ist die These einer stark zunehmenden Massenarbeitslosigkeit überhaupt haltbar? Kann es sein, dass auch Linke jedenfalls in diesem Punkt von ihren oft geradezu lustvoll ausgemalten Niedergangsszenarien vorläufig Abstand nehmen sollten?
(
)
Bundesweite Demo in Oldenburg
Arbeitslose gehen auf die Straße (taz)OLDENBURG taz Nach der Ankündigung der Bundesregierung, die Hartz-IV-Regelsätze um fünf Euro zu erhöhen, mobilisieren Erwerbsloseninitiativen aus ganz Deutschland zu einer bundesweiten Demonstration. Unter dem Motto "Krach schlagen statt Kohldampf schieben" sollen am 10. Oktober tausende erwerbslose Menschen in Oldenburg auf die Straße gehen. Unterstützung erhalten die Hartz-IV-EmpfängerInnen vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB).
DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach sagte der taz: "Gerade für Erwerbslose geht es um viel, wenn die Rentenbeiträge oder das Elterngeld für Hartz-IV-BezieherInnen gestrichen werden sollen."
Zurzeit werben Aktivisten vor Job-Centern in ganz Deutschland für die Protestaktion. "Wir fordern 80 Euro mehr für Ernährung. Von den knapp 120 Euro, die bislang im Regelsatz eines Erwachsenen für Essen enthalten sind, kann sich niemand ausreichend und gesund ernähren", sagte Mitorganisator Guido Grüner von der Arbeitslosenselbsthilfe Oldenburg.
Martin Künkler von der Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen sagte: "Höhere Leistungen können nur politisch gegen massive Widerstände aus Politik und Wirtschaft erkämpft werden." Neben der politischen Debatte müsse daher nun auch Druck auf der Straße entstehen.
Der DGB selbst plant keine bundesweiten Großdemonstrationen. Zwar wollen einzelne gewerkschaftliche Gruppen Busse zur Arbeitslosen-Demo in Oldenburg schicken. Anders als ArbeitnehmerInnen, die mit den Gewerkschaften über einen hohen Organisationsgrad verfügen, sind Erwerbslose vor allem lokal organisiert - wenn sie überhaupt organisiert sind.
"Bereits eine Demonstration wie die in Oldenburg ist für viele Erwerbslose blanker Existenzkampf", sagt Anne Seeck vom lokalen Erwerbslosentreff in Berlin-Neukölln. Martin Künkler sieht allerdings einen "qualitativen Sprung" in der Zusammenarbeit unterschiedlicher Erwerbslosengruppen in den vergangenen Monaten.
"Zusammen wollen wir Druck machen für höhere Hartz-IV-Sätze, Erwerbslose ermutigen, für ihre Interessen einzutreten." Dass das nicht allzu leicht werden dürfte, zeigt die Geschichte der Erwerbslosenkämpfe.
Peter Nowak
Die CSU-bayerische Arbeits-, Sozial- und Familienministerin Haderthauer bringt den Hartz-IV-Regelsatz auf die zynische Formel : "Es gibt hier kein Wunschkonzert".
Die CDU-bundesdeutsche Arbeits- und Sozialministerin von der Leyen läßt ihre Beamten zur Ablehnung der Kosten für chemische Reinigung aufschreiben: "Solche Ausgaben sind nur bei teueren Kleidungsstücken erforderlich und stehen häufig mit einer beruflichen Tätigkeit in Zusammenhang." Die Bundeskanzlerin, die im vergangenen Jahr 20.667 Euro pro Monat bekam und in diesem und dem kommenden Jahr das 140-Fache des Hartz-IV-Zuschlägchens als Gehaltserhöhung noch mal obendrauf, bezeichnet die 5 Euro als einen "beachtlichen Vorschlag".
Für die HRE hatte sie zur Durchreichung an deren wohlhabende Gläubiger und bonussüchtigen Banker so viel übrig, daß man allen 6,5 Mio Hartz-IV-Empfängern für 38 Jahre 50 Euro pro Monat hätte obendrauf legen können. Oder vergleichen wir mit dem Steuernachlaß für Hoteliers von 1 Mrd Euro pro Jahr, von dem allein die Bundeskanzlerin jedem Hartz-IV-Empfänger 13 Euro pro Monat extra hätte finanzieren können.
In einem Volk, das in Angst vor Altersarmut, Arbeitslosigkeit und Minijobs gehalten wird, denkt automatisch fast jeder an sich selbst. "Solidarität" verkommt zum Fremdwort.
Mich erinnert die deutsche Situation an einen Besuch in Südafrika unmittelbar vor der Wahl, die Mandela demokratisch an die Macht brachte. Wir trafen auch mit Cyril Ramaphosa, dem Führer der Nationalen Gewerkschaft der Bergarbeiter, Generalsekretär des African National Congress und Chefverhandler des Endes der Apartheid, zusammen. Seine warnenden Worte sind mir in intensiver Erinnerung: "Sie (die Reichen) können die Mauern um ihre Grundstücke noch so hoch ziehen, es wird ihnen nichts helfen."
Wir haben derzeit schon eine Menge Apartheid in Deutschland und täglich mehr.
Die Obama-Regierung will die Kommunikationsdienste im Internet abhören.
Und zwar alle. Netzaktivisten fühlen sich getäuscht. Die Wahlversprechen hatten anders geklungen.
VON BEN SCHWAN
Das Internet bringt für Polizei und Geheimdienste ganz neue Herausforderungen mit sich: Bürger können sich durch die Verwendung neuer, stark verschlüsselter Kommunikationsdienste deutlich besser vor Abhör- und Spähangriffen schützen. Was Netzbürgerrechtler und Datenschützer für zwingende technische Maßnahmen im digitalen Zeitalter halten, sehen Innenpolitiker als Sicherheitslücke an - sie würden am liebsten jede Art von Kommunikation abhören können, um nach ihrer Worten Verbrechen zu bekämpfen.
Bislang existiert für neue Internetdienste aber noch keine Pflicht, entsprechende Überwachungsschnittstellen zu implementieren - weder in den USA noch in Deutschland. Überwacht werden kann nur der gesamte Internetverkehr eines Verdächtigen, den dieser eventuell verschlüsselt. In Deutschland will man deshalb mit einer als "Bundestrojaner" bekanntgewordenen Schadsoftware Rechner von Verdächtigen knacken, um dann "an der Quelle" abhören zu können - mittels der sogenannten Quellen-Telekommunikationsüberwachung, die verfassungsrechtlich sehr umstritten ist.
In den USA setzt die Obama-Regierung nun auf eine andere, ebenso extreme Maßnahme: Sie bereitet ein Gesetzespaket vor, das Abhörschnittstellen in jedem Internet-Kommunikationsdienst zur Pflicht machen würde. Wie die New York Times am Montag meldete, soll davon kein Dienst ausgenommen sein - egal ob verschlüsselte E-Mail, soziale Netzwerke wie Facebook oder Internettelefonie über Anbieter wie Skype.
Dabei soll es technisch möglich werden, Kommunikation jederzeit abzufangen und zu dekodieren. Die Forderungen kommen unter anderem vom FBI und den nationalen Sicherheitsbehörden des Landes. Laut dem Bericht will die Obama-Regierung ein entsprechendes Gesetzespaket im nächsten Jahr in den US-Kongress einbringen.
Die neue Regelung würde Überwachungsmaßnahmen weitläufig streuen. Statt an zentraler Stelle abzuhören, müssten Schlapphüte und Polizisten zunächst ermitteln, mit welcher Kommunikationstechnik ein Verdächtiger arbeitet. Dann würden sie zum jeweilen Anbieter gehen, um von dort aus mitzuhören. In den USA gelten entsprechende Regelungen für Telefon- und Datennetze schon seit mehr als 15 Jahren. Für die Möglichkeit, einzelne Dienste abzuhören, hat man beim FBI bereits einen eigenen Etat eingestellt: 2010 sind es rund zehn Millionen Dollar.
Völlig unklar ist auch noch, welche Auswirkungen das neue US-Gesetz auf ausländische Anbieter von Internet-Kommunikationsdiensten hätte. Diese könnten, wenn sie ihr Angebot in den USA bereithalten, von der Regelung genauso betroffen sein - mit allen datenschutzrechtlichen Folgen.
Bürgerrechtler kritisierten das Vorhaben massiv. James Dempsey vom Center for Democracy and Technology sagte, das Vorhaben verlange nach einem Komplettumbau des Netzes. "Die Behörden wollen die Uhr zurückdrehen und aus dem Netz wieder eine Art Telefonnetz machen."
Andere Kritiker verglichen die Pläne der Obama-Regierung mit dem Vorgehen repressiver Staaten wie den Vereinigten Arabischen Emiraten, die kürzlich das E-Mail-Handy Blackberry sperrten, weil es sich durch die dortigen Polizeibehörden nicht abhören ließ.
Zudem ist Obama auch dank des offenen Internets und seiner Versprechen, sich mehr für die Freiheit des Netzes einzusetzen, gerade von jungen Leuten gewählt worden. Doch davon wird nicht mehr gesprochen. So wollte sich Obama für die Netzneutralität, also die Gleichberechtigung der Daten im Netz zugunsten auch kleiner Anbieter, einsetzen - entsprechende Gesetze fehlen noch immer, die zuständige Kommunikationsbehörde FCC mauert.
Auch Vizepräsident Joe Biden hat sich regelmäßig auf die Seite der Medienkonzerne geschlagen, die neue, harte Regelungen gegen Urheberrechtsverletzungen inklusive neuer Überwachungsmaßnahmen fordern, was Netzbürgerrechtler ablehnen.
Zuletzt waren Pläne des US-Kongresses bekannt geworden, nach denen eine Blockadeliste für Internet-Adressen eingerichtet werden soll - ähnlich der in Deutschland umstrittenen Netzsperren. Die Liste soll sowohl von Richtern als auch vom US-Justizministerium befüllt werden dürfen - mit all jenen Internet-Auftritten, die dem Staat nicht gefallen. Es wäre das erste Mal, dass die USA das Internet offen zensieren.
Martin Betzwieser.
Davon gibt es genug, hier ein paar Beispiele ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
Wenn journalistische Laien so etwas herausfinden können, dann können das natürlich auch journalistische Profis herausfinden, aber sie wollen nicht oder dürfen nicht oder können nicht.
Also geht es weder in diesem Punkt noch im weiteren Verlauf dieses Artikels um eine ausgewogene und faire Kommentierung sondern um knallharte Meinungsmanipulation.
Beachten Sie die Bildüberschrift: "Ypsilanti gescheitert"; Ypsilanti, die ewig Gescheiterte? Das Scheitern als politische Lebensleistung? Das Institut und seine Pläne sind schon zum Scheitern verurteilt?
Im Text wird dann behauptet, als offizielle "Kooperationspartner" tauchen aber neben dem Allgemeinen Studierendenausschuss der Universität Frankfurt nur zwei Parteien auf: die Europäischen Grünen und der "Verein der Bundestagsfraktion Die Linke" auf.
Das bezeichne ich als Unwahrheit, denn bereits vor diesem Artikel waren als Kooperationspartner der Tagung Abgeordnete der SPD aufgeführt.
Am Freitagabend war ich bei der Eröffnungsveranstaltung im Studierendenhaus auf dem Campus Frankfurt-Bockenheim und hatte vor dem Beginn der Podiumsdiskussion Gelegenheit zu einem kurzen Gespräch mit Andrea Ypsilanti.
Ob es eine finanzielle Unterstützung durch SPD oder SPD-Gremien gebe oder Versuche dazu, welches Interesse es bei der SPD an den Aktivitäten ihrer ehemaligen Landesvorsitzenden bestehen, fragte ich sie. Ihre Antwort lautet zusammengefasst: Es gibt Unterstützung aus der SPD, auch namhafte und einflussreiche Mitglieder und Abgeordnete unterstützen das Institut teilweise großzügig.
Beträge könne sie auswendig nicht nennen und wolle das hier auch nicht. Es gehe hier auch weniger um das Institut und dessen Pläne sondern wieder darum, eine konkrete Zusammenarbeit mit der Linkspartei herbeizuschreiben und sie als politische Person erneut fertig zu machen.
Hermann Scheer war da und die Annahme, dass er zu den Unterstützern gehört, ist wohl nicht zu abenteuerlich; er ist einer der Mitinitiatoren des Instituts.
Nachdem Andrea Ypsilanti bei den hessischen Landtagswahlen unter besonderer Mithilfe von journalistischen Schreibtischtätern politisch hingerichtet wurde, sind solche Artikel wie hier in der Welt das gelegentliche Blumensträußchen, aber das Grab wird nicht gewässert.
Die erste Reihe im Saal war für Pressevertreter/innen reserviert und blieb leer. Kein/e einzige/r Pressevertreter/in war anwesend und gab sich entsprechend zu erkennen. Gäbe es ein wirkliches Interesse an den finanziellen Hintergründen und an journalistischer Fairness, wäre hier die Gelegenheit gewesen, in aller Öffentlichkeit zu fragen.
Bis jetzt (Samstag 25. September um 23:30 Uhr) konnte ich keinen Artikel zu dieser Podiumsdiskussion finden.