Es war immer schon so, zuletzt in der Weltkreditkrise im globalen Rahmen und nun in Griechenland: Es sind die Armen und ohnehin Benachteiligten, die am Meisten leiden müssen. In Griechenland haben sie schon vor der Krise gelitten und leiden nun umso mehr. 1995 vor Euro-Eintritt lag die Armutsquote bei hohen 22 %, zwischen 2000 und 2010 bei durchschnittlich 20,1 % und jetzt wieder bei 23,1 %. Fast immer war Griechenland mit seiner Armut in Europa führend (Abb. 18843).
Dagegen konnten die Vermögenden Tag für Tag viele Wochen lang ihr Geld unbehindert und in voller Höhe außer Landes (und auch jenseits des Steuerzugriffs) oder ins Schließfach tragen. Seit der Ankündigung der Neuwahlen im November letzten Jahres sind allein bis Mai 2015 rund 40 Mrd. Euro von den Konten abgezogen worden, seit 2010 schon 100 Mrd. Euro (die erheblichen Beträge für Juni 2015 sind noch unbekannt, Abb. 18867). Bis heute dürfte das fast so viel sein, wie alle griechischen Haushalte in einem Jahr ausgeben (124 Mrd. Euro).
Da die Banken schon seit längerer Zeit nicht mehr von wohlhabenden privaten Anlegern mit Geld versorgt wurden, kann man diese - anders als in Zypern - nun nicht an unvermeidbaren Bankpleiten beteiligen. Deswegen kursieren, wenn auch amtlich bestrittene Gerüchte, daß man bei der Abwicklung von Pleitebanken selbst an die Kundenkonten der kleinen Leute gehen müsse, vielleicht schon ab 8.000 Euro, wobei der Schutzfonds für die Sparer viel zu klein ist, um die Verluste aufzufangen.
Andererseits scheint auch unter Syriza in Griechenland der Klientelismus anzuhalten. Bei der MwSt. traut man sich nicht an die Hotelbesitzer auf den teuren Inseln, und an die Restaurantbesitzer heran, und erst recht traut man sich nicht ausreichend an die vom rechtspopulistischen Partner geschützten Ausgaben für das Militär oder an eine Verfassungsänderung, um endlich die superreichen Reeder besteuern zu können (schließlich ist die Ehefrau des Chefs der Rechtspopulisten selbst eine sehr vermögende Reederin). Dabei besitzen griechische Reedereien mit 4.707 Schiffen die größte Schiffsflotte weltweit, vor Japan, China und Deutschland. Zudem wurden die Steuern auf Immobilienbesitz auch und gerade der Wohlhabenden gesenkt und die Steuerflüchtigen mit ihren schweizer Konten (ca. 15 Mrd. Euro) bisher nicht weiter verfolgt.
Noch schlimmer für die Armen und sozial Benachteiligten würde es bei einem Grexit kommen, der immer wahrscheinlicher wird und für den Tsipras durch das Nein im Referendum notfalls ein Mandat hätte. In diesem Fall droht Griechenland eine mächtige Welle an Inflation, weil alle Importe, auch bei Nahrungsmitteln, Arzneimitteln und vieles mehr, auf die das Land angewiesen ist und die nicht so schnell durch Produktion im Lande ersetzt werden könnten, erheblich teurer würden. Für die Wohlhabenden mit den Euros im sicheren Ausland oder im Schießfach wäre das kein Problem. Sie könnten bei einer stark abgewerteten Drachma zu Hause sehr viel aufkaufen. Syriza würde das kaum verhindern können.
Was hier schon seit längerer Zeit und nun verstärkt läuft, ist einer der schlimmsten sozialen Skandale.
"In times of universal deceit, speaking the truth is a revolutionary act." "If liberty means anything at all, it means the right to tell people what they do not want to hear" George Orwell
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen