Mittwoch, 16. November 2011

Inwiefern Fukushima Rousseaus Zivilisationskritik bestätigt [via Der Gleichklang-Polit-Blog]

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Was hat der Umgang der Japaner mit der Reaktorkatastrophe in Fukushima mit der Zivilisationskritik von Rousseau zu tun? Ist diese nicht 250 Jahre alt und verstaubt, jene dagegen eine Bedrohung der Gegenwart?

Rousseau hat sich jeder Prognosen enthalten. Er stellte vielmehr grundsätzlich fest: Staaten sind mit dem Ziel gegründet worden, denen, die im Naturzustand Reichtümer und Wohlstand gehäuft hatten, diese Güter endgültig zu sichern. Staaten sind genial versteckte Garanten für Privateigentum. Privateigentum jedoch verhindert, dass es Allgemeinwohl und Allgemeinwohlbindung gibt. Die Staaten verstecken diesen Zug hinter Verträgen, die den Reichen und den Armen gleiche Anspruchsgarantien zusichern. Doch die Gesellschaftsverträge sind Betrug. Die Armen bleiben elend und ein Wohl für alle bleibt aus.

Was geschah nun in Fukushima seit dem 11. März 2011? Die japanische Regierung verstand die erforderliche Schadensbegrenzung des havarierten AKW nicht als öffentliches Gut, das es zu befördern gilt. Vielmehr überließ diese Regierung die alle Einwohner betreffende Begrenzung des Schadens und Risikos derjenigen Privatfirma, der das Kraftwerk gehört. Diese versuchte – nach erfolgter Havarie! – die Anlage wieder in Gang zu setzen und tat anschließend alles, um den erforderlichen Wettlauf mit der Zeit zu verlieren, um die Region einer tödlichen und die Erdbevölkerung einer nicht ungefährlichen Strahlung auszusetzen. Dass sich auch in den Blöcken 2 und 3 Kernschmelzvorgänge ereigneten, erfuhr die Öffentlichkeit zweieinhalb Monate später. Noch später wurde bekannt, dass nicht erst die Flutwelle, sondern dass bereits das Erdbeben die Anlage hatte bersten lassen.

Wäre Rousseau unser Zeitgenosse, so könnte er bemerken, dass ihn diese Vorgänge in keiner Weise erstaunen. Es zähle ja lediglich Privateigentum. Das Privateigentum bedrohe das Wohl und die Freiheit aller. Das führt in Situationen der Bedrohung für alle dazu, dass alle unfähig werden, der öffentlichen Bedrohung öffentlich zu begegnen. Doch Rousseaus Kritik reicht noch weiter: Die Existenz von Atomkraftwerken, die privaten Gewinn abwerfen, aber maßlosen öffentlichen Schaden anrichten können, erfüllt grundsätzlich alle Beschreibungen, die Rousseau einst für die gesellschaftlich destruktive Macht des Privateigentums lieferte.

Fukushima ist daher eigentlich eine schreckliche Probe aufs Exempel für die schonungslose Zivilisationskritik von Rousseau, dessen 300ster Geburtstag 2012 begangen wird. Auch die Tatsache, dass Rousseau restlos historisiert und dass Fukushima fast vergessen wird, anstatt beide im Zusammenhang zu sehen, bestätigt die Zivilisationskritik Rousseaus erneut.

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