Montag, 28. Mai 2012

-->> Fast eine Million Menschen in Deutschland arbeiten 50 und mehr Stunden pro Woche für einen Hungerlohn.


Lieber schuften als Hartz IV

von Ralf Wurzbacher - www.tlaxcala-int.org   

[via LINKE ZEITUNG]
 
http://www.linkezeitung.de/cms/index.php?option=com_content&task=view&id=13520&Itemid=1
 
 

Wirtschaftsinstitut rechnet vor: Fast eine Million Menschen in Deutschland arbeiten 50 und mehr Stunden pro Woche für einen Hungerlohn.

Sie arbeiten mehr als die meisten anderen, verdienen aber am wenigsten. Fast 900000 Geringverdiener in Deutschland schuften wöchentlich 50 und mehr Stunden. Eurohnlich lange Einsatzzeiten gebe es nur noch am oberen Ende der Einkommensskala, schreibt der Ökonom Karl Brenke im aktuellen Wochenbericht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Betroffen seien vor allem Kraftfahrer, Lagerarbeiter und Beschäftigte im Gastgewerbe. Allerdings rechnet sich Maloche für die meisten nicht: Den Rückstand zu den Normalverdienern könnten Niedriglöhner »nur zu einem kleinen Teil durch lange Arbeitszeiten wettmachen«, konstatiert der DIW-Vorstand.

Für seine Studie »Geringe Stundenlöhne, lange Arbeitszeiten« hat der Wirtschaftsforscher Daten des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) des DIW ausgewertet. Berücksichtigt wurden alle abhängig Beschäftigten, die sich zum Erhebungszeitpunkt nicht in Ausbildung, einem Praktikum oder einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme befanden. Als Schwelle zum Niedriglohnsektor wurde ein Bruttostundenlohn von zwei Dritteln des mittleren Lohns definiert, für das Jahr 2010 waren dies 9,25 Euro. Von den vor zwei Jahren rund 7,3 Millionen Geringverdienern waren demnach 48 Prozent in Vollzeit tätig, 52 Prozent entfielen auf Teilzeitkräfte, »Minijobber« und andere geringfügig Beschäftigte. Von den »Arbeitnehmern« in Vollzeit kam die Hälfte auf 42 Stunden pro Woche, im Durchschnitt waren es 45 Stunden. Ein Viertel hat »üblicherweise sogar 50 und mehr Stunden« abgerissen.

 

Im Schnitt bringen es Geringverdiener in Vollzeit auf gerade einmal 1350 Euro brutto monatlich. Um auf ein Entgelt zwischen 1800 und 2199 Euro zu kommen, muß man sogar bis zu 55 Stunden auf der Matte stehen. Im Durchschnitt aller Werktätigen sind für dasselbe Geld knapp über 40 Stunden Arbeit vonnöten. Ein Viertel der Vollzeitkräfte mit Niedriglohn erreiche aber »nicht einmal 1200 Euro brutto«, der Nettolohn des »Quartils mit den niedrigsten Entgelten« liege bei »maximal 850 Euro«. 45 Stunden und mehr arbeiten nach den DIW-Erkenntnissen in vergleichbarer Größenordnung nur noch »Bezieher besonders hoher Einkommen«. Fälle von mehr als 50 Wochenstunden unter Normal- und Besserverdienern führt die DIW-Statistik jedoch nicht auf. Auch jene, die 6000 Euro und mehr verdienen, sind im Schnitt maximal 49 Stunden im Einsatz.

Die Studie belegt ferner: Die Leute lassen sich lieber ausbeuten und malochen bis zum Umfallen, bevor sie staatliche Hilfe in Anspruch nehmen. Gemäß den DIW-Zahlen bezieht nur jeder achte Niedriglöhner ergänzende Hartz-IV-Leistungen und nicht einmal jeder zwanzigste Wohngeld. Die große Mehrheit der »Aufstocker« sind Teilzeitkräfte und Minijobber. Unter den Vollzeitbeschäftigten beträgt deren Anteil dagegen nur sieben bis acht Prozent, was 230000 Betroffenen entspricht. Meist handelt es sich dabei um Menschen, die in einem größeren Haushalt leben, also Angehörige zu versorgen haben.

Jutta Krellmann von der Linksfraktion im Bundestag forderte am Dienstag mit Blick auf die DIW-Untersuchung, die »Ausbeutung in prekären Streßjobs« müsse endlich gestoppt werden. Die Regierung habe hierbei »auf ganzer Line versagt«. Erforderlich seien ein gesetzlicher Mindestlohn von zehn Euro, eine Begrenzung der Wochenarbeitszeit sowie eine Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor psychischen Erkrankungen. Für eine flächendeckende Lohnuntergrenze sprach sich gestern auch die Grünen-Abgeordnete Brigitte Pothmer aus. »Niedriglöhne machen nicht nur arm, sondern auch krank«, erklärte sie und verschwieg, daß ihre Partei gemeinsam mit der SPD den Niedriglohnsektor erst zu dem gemacht hat, was er heute ist: Ein Riesengeschäft für die deutsche Wirtschaft. DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach forderte auch vor dem Hintergrund der neuen Veröffentlichung einen Mindestlohn von lediglich 8,50 Euro.

Kellnerinnen: besonders betroffen von langen Arbeitszeiten und mieser Bezahlung
Foto: Reuters

http://www.tlaxcala-int.org/article.asp?reference=7394

Posted via email from Dresden und Umgebung

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen